Hochleistungs-Material aus der Natur: Faserverstärkte Halbzeuge aus Hanffasern
Der Einsatz von nachwachsenden Naturfaserverbundkunststoffen (NFK) als Halbzeuge für Leichtbauanwendungen wird derzeit am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS erforscht. Die neuartigen NFK sollen die nachhaltige industrielle Verwendung biobasierter Verbundkunst-stoffe vorantreiben und können herkömmliche Faserverbundkunststoffe (FVK) ersetzen oder ergänzen.
Die Anwendungsmöglichkeiten von Faserverbundkunststoffen (FVK) wachsen stetig. Sie werden vorzugsweise als Leichtbauprodukte in der Flugzeug- und Automobilindustrie eingesetzt und bestehen häufig aus Kunststoffen auf Basis von Erdöl und anorganischen Fasern (zum Beispiel Carbon- oder Glasfaser). Sie leisten bereits jetzt einen Beitrag zum Umweltschutz, da die leichteren Fahrzeuge, in denen solche Materialien zum Einsatz kommen, weniger Treibstoff verbrauchen.
Herkömmliche FVK setzen sich aus anorganischen Verstärkungsfasern und einer Polymermatrix zusammen. Die Matrix umgibt die Fasern, die die Kräfte leiten, und in der Kombination der Eigenschaften von Faser und Matrix entsteht eine hohe Steifig- sowie Zugfestigkeit des Faser-Matrix-Halbzeuges. Da das Bewusstsein für Energiebilanzen von Werkstoffen und der Einsatz von nachhaltigen Materialien immer wichtiger werden, steigt auch die Nachfrage nach Kunststoffen aus nachwachsenden und biologisch abbaubaren Rohstoffen, sogenannten naturfaserverstärkten Kunststoffen. Diese bestehen aus einer Kunststoffmatrix, die ihre Festigkeit durch eingearbeitete Naturfasern erhält, beispielsweise aus Hanf oder Flachs.
Solche Halbzeuge werden noch nachhaltiger, wenn die Polymermatrix selbst ebenfalls aus biobasierten Materialien besteht und für die eingebetteten Verstärkungsfasern einheimische Pflanzenfasern eingesetzt werden. Auch NFK besitzen in Verbünden mit duroplastischen Matrixwerkstoffen aufgrund ihrer geringen spezifischen Dichte ein Potenzial für Leichtbauanwendungen. Hinzukommt, dass sie sich am Bauteillebensende in bestehenden Verwertungssystemen fast CO2-neutral thermisch verwerten lassen. Vor allem die Hanffaser bietet hierbei sowohl ökologisch als auch technisch großes Potenzial und könnte Ausgangspunkt für die Etablierung lokaler Wertschöpfungsketten sein.
Hier knüpft ein im September 2019 begonnenes Projekt des Fraunhofer IMWS und der SKZ – KFE gGmbH, die sich auf das breite Angebot von Faserverbundkunststoffen spezialisiert hat, an. Im gemeinsamen Forschungsvorhaben, das bis Februar 2022 läuft, wird die Verwendung von nachhaltigen NFK als eine alternative Lösung für herkömmliche Faserverbundkunststoffe untersucht, wobei die eingesetzten Rohstoffe nicht in Konkurrenz zu der Nahrungsmittelindustrie stehen. Die Projektpartner wollen ein vorimprägniertes Faserhalbzeug, auch als Prepreg benannt, unter Einsatz von Hanffasern und einer Harzmatrix aus regenerativen Quellen entwickeln.
Die Prepregtechnologie ermöglicht ein unkompliziertes Handling sowie eine optimale Kombination von Faser und Matrix. Diese Vorprodukte können später zu vielfältigen, hochwertigen Bauteilen, wie etwa Karosseriebauteile, verwendet werden. »Naturfaserverbundkunststoffe haben im Vergleich zu herkömmlichen FVK einige Schwachpunkte. Wir haben einige gute Ideen, wie wir genau da ansetzen und verbessern können. Unser Ziel sind Prepregs, die nicht nur besonders nachhaltig sind, sondern auch effizient und reproduzierbar zu verarbeiten« sagt Projektleiter Sven Wüstenhagen, aus der Gruppe »Konstruktion und Fertigung« am Fraunhofer IMWS.