Software unterstützt bei Rezepturen für optimierte Reifen

Intelligente Algorithmen und Methoden, die bei der Herstellung von anwendungsoptimierten Kautschuk-Compounds unterstützen, entwickelt das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) mit sechs Partnern. Gemeinsames Ziel ist eine Software, die Informationen zu Rezeptur und Verarbeitungsbedingungen nutzt, um daraus Vorhersagen und Optimierungsstrategien abzuleiten.

Innenmischer Kautschuk
© Fraunhofer IMWS
Inline erfasste Daten aus dem Mischsaal helfen dabei, die Rezepturen und Herstellungsverfahren für Kautschuk-Compounds zu optimieren.
Logo BMBF
Kautschuk Compound Entwicklung
© Fraunhofer IMWS
Numerische Simulation der Füllstoffverteilung in einem Kautschuk-Compound.

Kautschuk ist ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Gummiwaren wie zum Beispiel Autoreifen oder Einweghandschuhen. Er wird dazu natürlich aus Kautschukbäumen gewonnen oder synthetisch mittels entsprechender Polymerisationsreaktionen aus Monomerbausteinen erzeugt und je nach den erforderlichen Materialeigenschaften eines Produktes anschließend mit Füllstoff und einer Vielzahl von Zusatzstoffen angereichert.

Bisher beruhen Rezeptur- und Verfahrensentwicklung für neue Kautschuk-Compounds primär auf gesammelten Erfahrungen und personengebundenem Fachwissen. Im Hinblick auf die Qualität und die langfristige Weiterentwicklung von Elastomerprodukten ist dies jedoch problematisch. Gemeinsam mit sechs Partnern entwickelt das Fraunhofer IMWS deshalb im Projekt »InSuKa« ein digitales Tool, das rezeptur-, verarbeitungs- sowie weiterverarbeitungsbezogene Datenbanken mit neuartigen Prognosetools auf Basis intelligenter Algorithmen kombiniert. Anwenderinnen und Anwender der Lösung sollen so frühzeitig Hinweise zu geeigneten Rezepturanpassungen und optimalen Verarbeitungsbedingungen erhalten, was Entwicklungs- und Herstellungsprozesse für Gummiprodukte vereinfachen und verkürzen kann. Die Kautschukindustrie kann durch die Schaffung von branchenüblichen Standards zur Erfassung von Prozess- und Materialdaten und die Entwicklung eines leistungsfähigen Vorhersagetools zur Prozess- und Materialoptimierung profitieren.

Das Fraunhofer IMWS bringt seine Erfahrungen bei der Bewertung und Optimierung von Kautschuk-Compounds und deren Verarbeitung mit Innenmischern verschiedener Größe (1,5 l und 5 l) im Kautschukmischsaal am Standort Schkopau ein. Zusammenhänge zwischen Verarbeitungsbedingungen, Rezeptur und finalen Eigenschaften sollen aufgedeckt und systematisch zur Optimierung von Kautschuk-Compounds genutzt werden. Schwerpunkt der Aktivitäten des Fraunhofer IMWS sind insbesondere neuartige Methoden zur Quantifizierung der multiskaligen Füllstoffdispersion bei Kautschuk-Compounds für Reifenlaufflächen. Dabei kommen bildgebende Verfahren zur Erfassung verschiedener Längenskalen und auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Methoden zur computergestützten Bildauswertung zum Einsatz. Ziel sind belastbare Aussagen zum Einfluss von Prozess- und Rezepturanpassungen auf die Eigenschaften von Kautschuk-Compounds. Dazu werden inline erfasste Verarbeitungsdaten, neuartige Parameter zur quantitativen Beschreibung der multiskaligen Füllstoffdispersion und Informationen zu den Kautschuk-Compound-Eigenschaften zusammengeführt und einer weiterführenden KI-basierten Analyse zugänglich gemacht.

»Die Erforschung von Parametern zur Quantifizierung der multiskaligen Füllstoffdispersion ist eine wichtige Grundlage für die Aufdeckung von Zusammenhängen zwischen Mischprozess und Füllstoffverteilung, aber auch bedeutsam für ein Verständnis des Zusammenhangs zwischen Verarbeitungsparametern, Rezeptur und anwendungsrelevanten mechanischen Eigenschaften. Mit den Ergebnissen kann die Effizienz der Werkstoff- und Produktentwicklung in der Kautschukindustrie deutlich vorangetrieben werden«, sagt Prof. Dr. Mario Beiner, Gruppenleiter »Mikrostrukturbasiertes Materialdesign« am Fraunhofer IMWS.

Das Verbundprojekt »InSuKa« wird im Rahmen der Plattform MaterialDigital aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert und hat eine Laufzeit bis Mitte 2026.

© Fraunhofer IMWS
Schrittweise Analyse einer transmissionselektronenmikroskopischen Aufnahme mittels computergestützter Bildanalysetools.