Effiziente thermoplastische Composite-Fertigungsmethoden zur nachhaltigen Fertigung von Windenergieanlagen

Automatisierte Fertigungsprozesse für Rotorblätter aus recyclebaren thermoplastischen Composites, die sich in hohen Stückzahlen fertigen lassen, entwickeln drei Fraunhofer-Institute im gerade gestarteten Projekt »Thermo-Blade-Spine«. Das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS bringt seine Kompetenzen zur anwendungsgerechten UD-Tape-Entwicklung, zur Dimensionierung und Fertigung thermoplastischer Bauteilkomponenten sowie zu Nachhaltigkeitsanalysen ein.

Windpark Offshore
© Wikimedia Commons / Drahnier
Die Komponenten von Offshore-Windkraftanlagen sind extremem Stress ausgesetzt.

Bei der Produktion von Rotorblättern kommen viel Handarbeit und nicht recyclebare Verbundstoffe zum Einsatz. Die Folge sind Qualitätsmängel, Verlagerung der Produktion ins Ausland durch den Kostendruck in der Branche sowie ein Entsorgungsproblem. Abhilfe kann eine kreislauforientierte automatisierte Fertigung schaffen. Erste Ansätze konnten sich aufgrund hoher Kosten und schwieriger Handhabung allerdings nicht durchsetzen. Im Projekt »Thermo-Blade-Spine«, das im internen Programm »Prepare« der Fraunhofer-Gesellschaft gefördert wird, entwickeln die beteiligten Forschungsteams passende Technologiebausteine für automatisierte Fertigungsprozesse zur effizienten Herstellung von Rotorblättern aus recyclebaren thermoplastischen Composites.

Rotorblätter von Windenergieanlagen sind komplexe Bauteile und entscheidend, um effiziente Energieumwandlung und strukturelle Integrität zu gewährleisten. Damit sie aerodynamisch geformt werden und zugleich die enormen mechanischen Lasten bewältigen können, werden sie typischerweise aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) oder kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) hergestellt. Manchmal werden zur Verstärkung weitere Materialien wie Balsaholz oder Schaumstoffe verwendet. Ihre Tragfähigkeit erhalten Rotorblätter durch eine Kombination aus längs verlaufenden Gurten, die einer Biegung entgegenwirken, und Versteifungsholmen oder -stegen, die weitere Zug- sowie Druckkräfte aufnehmen. Die Gurte bestehen aus vielen Schichten unidirektional verlaufender Glas- oder Kohlenstofffasern, die Stege werden in Sandwichbauweise gefertigt.

Weil die Rotorblätter immer größer werden, steigen die Anforderungen an ihre Qualität und Zuverlässigkeit., was eine manuelle Fertigung noch weiter erschwert. Aktuelle Onshore-Anlagen haben typischerweise Rotorblätter mit einer Länge von 40 bis 80 Metern, bei Offshore-Anlagen kann der Wert bis auf über 100 Meter steigen. Eine weitere Herausforderung für die Hersteller ist die Entsorgung: Die seit den 1980er Jahren in Rotorblättern eingesetzten Faserverbundkunstoffe (FVK) bestehen aus Duroplast-basierten Harzen, bei denen es kaum möglich ist, die darin enthaltenen Materialien wiederzuverwerten. Derzeit werden ausgediente Rotorblätter entweder deponiert, zerkleinert (das Material kommt beispielsweise als Sandersatz in der Zementindustrie zum Einsatz) oder verbrannt.

Eine kreislauforientierte, automatisierte Fertigung der Bauteile mit wiederverwertbaren Materialien könnte sowohl das Problem der Fertigung als auch die fehlende Eignung zum Recycling lösen, wenn sie zuverlässig und effizient funktioniert und wettbewerbsfähige Herstellungskosten erlaubt. Genau dafür wollen die Beteiligten in »Thermo-Blade-Spine« innovative Beiträge liefern. Sie streben die Entwicklung und Skalierung von automatisierten Hochrate-Fertigungsprozessen für Rotorblätter an und setzen dabei auf thermoplastische Composites (TPC).

TPCs zeichnen sich durch hervorragende mechanische Eigenschaften aus, können in automatisierbaren Prozessen verarbeitet und gefügt sowie aufgrund ihrer Schmelzbarkeit stofflich wiederverwertet werden. Dabei wird das am Fraunhofer IWS entwickelte CONTIjoin-Verfahren genutzt, um mittels vom Fraunhofer IMWS vorproduzierter Halbzeugbänder (UD-Tapes) automatisiert die Hauptgurte aufzubauen. Durch Anwendung von neuartigen thermoplastischen Composite- und Sandwich-Komponenten sowie zugehöriger Bauweisen können eine automatisierte und nachhaltige Fertigung realisiert sowie energieintensive Prozesse ersetzt werden. Ergebnis des bis März 2027 laufenden Projekts soll als Demonstrator unter anderem eine am Fraunhofer IWES gefertigte, 18 Meter lange Rotorblatt-Halbschale inklusive Gurt- und Stegsegmenten sein.

Das Fraunhofer IMWS befasst sich im Zuge des Projektes mit der Entwicklung der thermoplastischen, endlosfaserverstärkten Halbzeuge für den Gurt in einem effizienten Herstellungsprozess und transferiert das optimierte Verfahren in den Pilotmaßstab unter Verzehnfachung der Halbzeugbreite. Weiterhin erfolgt die belastungsgerechte Dimensionierung und Fertigung der thermoplastischen Gurt-Steg-Strukturen im Inneren des Rotorblatts. Aufbauend auf der Erarbeitung geeigneter Sandwichkonfigurationen werden anschließend großflächige Komponenten entwickelt und im industriellen Maßstab produziert.

Um die sichere Montage der Großbauteile zu gewährleisten, werden verschiedene Fügekonzepte und Vorbehandlungstechnologien betrachtet und deren Eigenschaften auf makroskopischer sowie mikroskopischer Ebene untersucht. Basierend auf diesen Ergebnissen wird schlussendlich ein 18 Meter langer Schubsteg gefertigt und mit der zuvor produzierten Halbschale verbunden.

Begleitend zu den beschriebenen Entwicklungspunkten erarbeitet das Fraunhofer IMWS zusammen mit den Partnern Nachhaltigkeitsanalysen sowie eine holistische Bewertung der CO2-Äquivalent-Reduzierung durch den Abgleich zwischen Rotorblattfertigung nach aktuellem Stand der Technik und der Thermoplastbauweise für die relevanten Materialien und Prozesse.

»Thermo-Blade-Spine« will den Beleg dafür liefern, dass eine Fertigung von Rotorblättern auch in Hochlohnländern unter Einsatz von Automatisierung kosteneffizient und nachhaltig betrieben werden kann. Damit liefert das Projekt einen wichtigen Baustein hin zu einer Zero-Waste-Windenergieanlage. Zugleich ermöglichen es die Ergebnisse, die Abhängigkeit Deutschlands von internationalen Lieferketten in einer strategisch wichtigen Industrie zu verringern.