Grundlegende Eigenschaften der Schichtsysteme in einer Solarzelle besser verstehen
Für seine Dissertation »Parasitäre Oxide an vergrabenen Grenzflächen in modernen Silizium-Solarzellen« ist Stefan Lange vom Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale) mit dem mit 500 Euro dotierten Heinz-Bethge-Preis für Materialwissenschaften der Heinz-Bethge-Stiftung für angewandte Elektronenmikroskopie ausgezeichnet worden. Seine Erkenntnisse können dazu beitragen, die grundlegenden Eigenschaften der Schichtsysteme in einer Solarzelle und die damit verbundenen elektronischen Eigenschaften besser zu verstehen.
»Die Dissertation von Stefan Lange überzeugte nicht nur durch ihre anwendungsorientierte Fragestellung und die Originalität des Lösungsansatzes zur Strukturaufklärung, sondern auch durch die Auswahl der verwendete Methode zur Mikrostrukturaufklärung mittels Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), einem hochauflösenden Elektronenmikroskopieverfahren. Mit diesem untersuchte er die Schichten innerhalb einer Solarzelle mit Nanometer-Genauigkeit. Die Verwendung dieser Methode unterstreicht die fortwährende Relevanz der Ideen von Heinz Bethge und die aktuellen Potenziale der Elektronenmikroskopie«, sagte Prof. Dr. Goerg Michler, Vorstandvorsitzender der Stiftung, zur Preisverleihung.
Die Stiftung ist nach dem Gründer des einstigen Instituts für Festkörperphysik und Elektronenmikroskopie der Akademie der Wissenschaften Halle (Saale) benannt. In dieser Rolle wurde Heinz Bethge zu einem der Pioniere der Elektronenmikroskopie in Deutschland, insbesondere bei der Anwendung dieser Methode für die Materialwissenschaften. Mit dem Heinz-Bethge-Preis für Materialwissenschaften fördert die Heinz-Bethge-Stiftung seit 2011 junge Forschende auf dem Gebiet der angewandten Elektronenmikroskopie. Der Preis wird jährlich für herausragende Promotionsarbeiten vergeben.
Stefan Lange ist seit 2019 am Fraunhofer CSP beschäftigt, seit September dieses Jahres ist er dort kommissarischer Leiter des Teams »Diagnostik Solarzellen«. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Material- und Grenzflächenuntersuchungen auf atomarer Ebene. Seine Dissertation, für die er nun den Heinz-Bethge-Preis für Materialwissenschaften erhielt, fertigte er an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an. In dieser charakterisierte er auf atomarer Ebene die Schichten innerhalb von Perowskit/Silizium-Tandem-Solarzellen. Perowskit-Solarzellen basieren auf metallorganischen Hybridmaterialen in der Perowskit-Kristallstruktur, was hohe Effizienzen bei der Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie ermöglicht. Tandem-Solarzellen bestehen aus mehreren Schichten verschiedener Materialien mit unterschiedlichen Bandlücken, die verschiedene Wellenlängen des Sonnenlichts absorbieren können. Dadurch wird ein größerer Teil des Sonnenlichts in elektrische Energie umgewandelt. Die von Lange untersuchten Zellen kombinieren diese beiden Ansätze.
»Perowskit/Silizium-Tandem-Solarzellen versprechen aufgrund ihrer höheren Wirkungsgradpotentiale bei annähernd gleichbleibenden Materialkosten eine signifikante Verringerung der Stromgestehungskosten und können damit substanziell bei der Energiewende beitragen - sobald die Technologie die Marktreife erlangt hat. Einige Fragen zu den Interaktionen zwischen den einzelnen Schichten sind aber noch unerforscht«, sagt Lange. Sein Fokus lag deshalb unter anderem auf Tunneldioden, die in Tandem-Solarzellen als Verbindungselemente zwischen den einzelnen, übereinander gestapelten Schichten dienen können. Diese Dioden ermöglichen den effizienten Transport von Ladungen zwischen den Schichten und helfen dabei, den internen Widerstand der Zelle zu reduzieren und den Ladungstransport zu verbessern.
Im von Lange untersuchten Fall verbindet eine Tunneldiode aus polykristallinem Silizium eine obere Schicht aus Nickeloxid (NiOx) in der Perowskit-Topzelle mit einer darunter liegenden TOPCon-Bottomzelle. »Diese Idee war in Perowskit/TOPCon-Tandem-Solarzellen bisher nicht erprobt. Unsere Experimente haben gezeigt, dass der Kontaktwiderstand dabei ursprünglich auch zu hoch für die Tandemanwendung ist. Wir konnten ihn allerdings erheblich reduzieren, indem wir eine nur 2 nm dünne Nickel-Zwischenschicht an der Grenzfläche eingebracht haben«, sagt Lange.
Die feierliche Preisverleihung fand am 14. November anlässlich der Jahresversammlung (Stifterforum) der Heinz-Bethge-Stiftung in Halle (Saale) statt. Das Preisgeld in Höhe von 500 Euro wurde von der Commerzbank Halle gestiftet.
»Ich freue mich sehr über diese besondere Auszeichnung. Die große Relevanz der Elektronenmikroskopie, die Heinz Bethge in Halle etabliert hat, zeigt sich auch heute noch. Für meinen Forschungsalltag und die Materialanalytik insgesamt ist diese Methode unverzichtbar« sagt Lange.