Photovoltaik-Teststand holt die Wüste ins Labor: Klemens Ilse vom Fraunhofer CSP ausgezeichnet
Marokko, Saudi-Arabien, Dubai: In vielen Wüstenregionen entstehen gerade neue Solarparks. Die Verschmutzung der Photovoltaik-Module mit Sand und Staub stellt dabei allerdings eine Herausforderung dar. Am Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP wurde nun gemeinsam mit Partnern ein Verfahren entwickelt, mit dem sich dieses Verschmutzungsverhalten im Labor simulieren lässt – eine wichtige Voraussetzung, um die eingesetzten Materialien und somit die Erträge optimieren zu können. Klemens Ilse vom Fraunhofer CSP erhielt dafür den Best Student Paper Award der Fachtagung IEEE PVSC 44.
Der Einsatz von Photovoltaik in Wüstengebieten bietet zahlreiche Vorteile: Im Sonnengürtel der Erde ist die Sonneneinstrahlung teilweise doppelt so hoch wie in unseren Breiten, zudem gibt es keine Konflikte bei der Landnutzung: Die für neue Solarparks genutzten Flächen kommen weder als Wohngebiete noch für die Landwirtschaft infrage. Allerdings müssen Solarmodule beim Betrieb in Wüstenregionen auch besonderen Anforderungen gewachsen sein. Neben der UV-Einstrahlung und den großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht zählt dazu insbesondere die Verschmutzung der Module, von Fachleuten »Soiling« genannt: Wenn der Wüstenwind Staub und Sand auf die Anlagen weht und diese dann durch Taubildung auf der Moduloberfläche »festbacken«, erreicht weniger Licht die Solarzellen, sodass entsprechend weniger Strom produziert wird.
»Verschmutzte Module werden derzeit in erster Linie mechanisch gereinigt, etwa durch Abwischen, mit Besen oder durch Reinigungsroboter. Eine bessere Lösung wären optimierte Oberflächen der Module, die dafür sorgen, dass Staub und Sand erst gar nicht stark anhaften können und natürliche Reinigungsmechanismen wie zum Beispiel Wind besser wirken. Bei der Entwicklung der dafür passenden Materialien wollen wir helfen«, sagt Klemens Ilse, der am Fraunhofer CSP gerade seine Doktorarbeit zur Verschmutzung von Solarmodulen in Wüstengebieten schreibt.
Voraussetzung dafür ist ein genaues Verständnis des Verschmutzungsverhaltens. Welche Zusammensetzung, Größenverteilung und Struktur haben Staub- und Sandpartikel? Wie reagieren sie mit dem Glas, das zur Abdeckung der Solarmodule genutzt wird? Wie verändert sich dieser Prozess, wenn Feuchtigkeit – etwa durch Tau in den Morgenstunden – ins Spiel kommt? Um diesen Fragen nachzugehen, wurde am Fraunhofer CSP in Kooperation mit der Hochschule Anhalt ein Soiling-Teststand aufgebaut. »Damit können wir sowohl das Verstaubungsverhalten von beschichteten Glasproben als auch die Betauungsvorgänge realistisch im Labor nachstellen«, erklärt der 27-jährige Physik-Doktorand.
Wie gut die Simulation im Labor funktioniert, hat Ilse in seinem Aufsatz »Comparing indoor and outdoor soiling experiments for different glass coatings and microstructural analysis of particle caking processes« dargelegt, für den er im Rahmen der Fachtagung IEEE Photovoltaic Specialists Conference (PVSC) 44 in Washington mit dem Best Student Paper Award ausgezeichnet wurde. Seine Ergebnisse zeigen: Die Daten aus dem Labor entsprechen sehr gut den Daten, die bei einem fünfmonatigen Vergleichstest in der Atacama-Wüste in Chile gemessen wurden. Entscheidender Vorteil dabei: Statt mehrerer Monate werden im Labor nur wenige Stunden benötigt, um die gewünschten Ergebnisse über Verschmutzungsmuster oder Aufbau der Staubschichten zu erhalten. Das beschleunigt die Entwicklung optimierter Gläser für die Vorderseitenabdeckung von Solarmodulen.
Mikrostrukturelle Untersuchungen an verstaubten Glasproben aus Chile am Fraunhofer CSP haben zudem gezeigt, dass bei der Anhaftung von Partikeln unterschiedliche Prozesse zugrunde liegen: Bei den Proben aus Chile ist das nicht die Zementation (Festbacken der Partikel durch Ausfällen zuvor in Wassertropfen gelöster Salze), sondern das »Partikel-Caking«. Mit diesem Begriff umschreiben die Fraunhofer-Forscher einen Prozess, in dem das Festbacken von größeren Partikeln durch die Umordnung und Verdichtung von sehr kleinen Partikeln (kleiner als 4 Mikrometer) während der Betauungsvorgänge auftritt. Plättchenförmige Tonminerale wie beispielsweise Kaolonit füllen dabei Lücken zwischen größeren Partikeln und der Glasoberfläche. So entsteht eine größere Kontaktfläche und es ergeben sich damit auch größere Adhäsionskräfte für die großen Partikel – der Schmutz haftet also noch stärker an der Glasoberfläche.
Weil die steigende Nachfrage nach Photovoltaik-Lösungen für Wüstenregionen einheitliche Standards für Verstaubungstests nötig macht, haben der Verein Deutscher Ingenieure VDI und das Deutsche Institut für Normung DIN gerade einen Normungsausschuss gegründet, in dem Klemens Ilse die Federführung hat. Basierend auf den Empfehlungen dieses Ausschusses plant die Topas GmbH mit Sitz in Dresden, einen Teststand zu entwickeln und 2018 als Produkt auf den Markt zu bringen.