»Wirkungsvolle und effiziente Qualitätssicherung ist unverzichtbar«

Ulrike Jahn (rechts) bei der Moderation der Session »Zuverlässigkeit von Dünnglas und Steckern in PV-Anlagen«.
© Fraunhofer IMWS
Ulrike Jahn (rechts) bei der Moderation der Session »Zuverlässigkeit von Dünnglas und Steckern in PV-Anlagen«.

Von mehr als 80 Referentinnen und Referenten erhielten die rund 550 Gäste beim PV-Symposium in Bad Staffelstein erneut zahlreiche Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Photovoltaik-Branche. Ulrike Jahn, Senior Scientist am Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle (Saale), war als Leiterin einer Qualitätssitzung dabei. Im Interview blickt sie zurück auf die Tagung, die in diesem Jahr ihr 40. Jubiläum gefeiert hat.

Ulrike Jahn Senior Scientist am Fraunhofer CSP
© Fraunhofer CSP
Ulrike Jahn ist als Senior Scientist am Fraunhofer CSP tätig.

Sie kommen gerade zurück vom PV-Symposium in Bad Staffelstein. Was waren aus Ihrer Sicht die wichtigsten Themen und Trends der dreitägigen Konferenz?

Das Programm hat sich auch diesmal durch einen ganzheitlichen Blick ausgezeichnet, von neuen Technologien bis zu regulatorischen Veränderungen, von intelligenter Flächennutzung bis zur wirtschaftlichen Lage der Solarbranche. Besonders prominent vertreten waren aus meiner Sicht drei Themenbereiche. Erstens Systemfragen wie Strommarktdesign, Versorgungssicherheit, Energiemanagement, der (Wieder-)Aufbau von europäischen Produktionskapazitäten oder Speicherlösungen und Hybridkraftwerke. Zweitens alles, was eine intelligente Nutzung von Daten für die Weiterentwicklung der Photovoltaik beitragen kann, etwa innovative Energiemeteorologie oder Simulationen und Vorhersagen, natürlich auch unter Nutzung von KI-Methoden. Drittens, und das freut mich besonders, ist das Thema Qualitätssicherung noch weiter in den Fokus gerückt. Hier können wir als Fraunhofer CSP enorm wichtige Beiträge liefern.

Dass wir mit dem 1. Posterpreis der Fachtagung ausgezeichnet wurden, ist dafür ein sehr schöner Beleg. Das Thema des Posters, »Analyse der Effizienzverluste von Wechselrichtern in PV-Portfolios durch Auswertung von Betriebsdaten«, kombiniert übrigens sehr eindrucksvoll die drei benannten Themenbereiche, also den Einsatz von KI-Methoden, den Blick aufs Energiesystem durch die Auswertung von Wechselrichter-Felddaten und zukunftsweisende Beiträge für mehr Zuverlässigkeit und Effizienz in PV-Systemen.

Im Rahmen des Programms haben Sie die Session »Zuverlässigkeit von Dünnglas und Steckern in PV-Anlagen« geleitet. Was waren dabei die zentralen Inhalte?

Auch hier klang die Rolle von Qualitätssicherung und Systemintegration an, im Mittelpunkt standen allerdings neue Forschungsergebnisse, vor allem zur Verbesserung der Bruchstabilität von Glas-Glas-Modulen. Mein CSP-Kollege Matthias Pander hat sich in seinem Vortrag der Bedeutung der Unterkonstruktion für PV-Module bei hohen mechanischen Belastungen gewidmet. Die vorgestellten Themen – komplexe Wechselwirkungen verschiedener Einflussfaktoren, Glasqualität, inhomogene Lastverteilung und Isolationsprobleme bei Steckverbindern – haben unterstrichen, wie groß der Bedarf der Branche für eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Qualitätssicherung ist.

Neue Ansätze in der Materialforschung und die erforderliche Anpassung von Prüfmethoden sowohl im Labor als auch im Feld sind hier elementar, genauso wie die Festlegung und Weiterentwicklung von Prüfstandards. In einer anderen Session hat unser Doktorand Patrick Wessel mit seinem Vortrag zur Rissbildung in Backsheets ein schönes Beispiel dafür präsentiert. Er hat mit UV-/Temperaturwechsel-Stresstests für PV-Module gezeigt, dass es sich lohnt, die Rückseitenfolien von PV-Modulen mit der Norm IEC TS63209-2 zusätzlich zur IEC61215 zu prüfen, um sicher zu gehen, dass die Rückseitenfolien im Feldeinsatz rissfrei bleiben.

Welche Bedeutung hat die Qualitätssicherung insgesamt heute für die PV-Branche?

Wirkungsvolle und effiziente Qualitätssicherung ist unverzichtbar, sowohl für die einzelnen Unternehmen entlang der PV-Wertschöpfungskette als auch für das Gelingen der Energiewende insgesamt. Die Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus und die Steigerung der Effizienz muss einher gehen mit Lösungen für Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Sicherheit der Module und Komponenten. Entwicklungen wie die Kombination von Solarkraftwerken mit Speichern, die intelligente Steuerung des Stromnetzes, der Einsatz von PV in verschiedenen Klimazonen sowie neue Anwendungsfelder wie gebäude- und fahrzeugintegrierte Photovoltaik oder Agri-PV bringen dabei immer neue Herausforderungen mit sich.

Das PV-Symposium fand zum 40. Mal statt, und Sie sind seit vielen Jahren als Beirätin und Mitwirkende dabei. Was verbinden Sie mit dem Jubiläum?

Für die Jubiläumstagung hat der Veranstalter besondere Highlights geboten: eine Technikausstellung mit PV-Modultechnologien der vergangenen 40 Jahre, eine Keynote zu »40 Jahre PV – von der Vision zur Realität zur Zukunft«, eine Lesung von Detlef Koenemann aus seinem Buch »Solare Klostergeschichten« und einen außergewöhnlichen Abendvortrag von Extremkletterer Alexander Huber, der den PV-Akteuren seine persönlichen Strategien und Konzepte mit auf den Weg gab.

Das 40. PV-Symposium ist ein toller Erfolg für die Veranstalter, aber auch für die gesamte PV-Branche an sich. Man muss sich in Erinnerung rufen: 1986, beim ersten PV-Symposium, war dies ein Thema für Idealisten und Pioniere mit 72 Teilnehmenden, darunter 30 Referentinnen und Referenten. Die Photovoltaik war weit weg von wettbewerbsfähigen Stromgestehungskosten oder einer relevanten Rolle im globalen Energiesystem. In dieser Zeit hätte sich wohl kaum jemand vorstellen können, dass die Tagung zu den Boom-Zeiten der deutschen Photovoltaikbranche einmal mehr als 1000 Gäste anlocken wird. Aber gerade durch das gut balancierte Miteinander von Wissenschaft, Industrie und Politik und den konstruktiven Austausch innerhalb der Klostermauern hat sich das Format als der wichtigste Treffpunkt der PV-Community in Deutschland etabliert.

Ich bin seit mehr als 30 Jahren in der PV-Branche und komme seit 1991 jedes Jahr nach Kloster Banz. Nicht nur, weil die Tagung nach so langer Zeit ein bisschen den Charakter eines Klassentreffens hat, sondern vor allem, weil sie immer wieder inspirierenden Input und konstruktiven Austausch mit unterschiedlichen PV-Akteuren bringt. Dabei lernt die PV-Industrie von den Forschenden und die akademische Welt lernt, was der Markt braucht und was der PV-Industrie fehlt.  

Das 40. PV-Symposium hat eindrucksvoll gezeigt: Solarenergie ist eine Erfolgsgeschichte – doch jetzt braucht es klare Strategien für die nächste Wachstumsphase, damit die Energiewende in Deutschland gelingt. Dafür brauchen wir langfristige Effizienzsteigerungen und Qualitätssicherung, intelligente und sektorübergreifende Vernetzung und eine solide Finanzierung der Energiewende.