Mikrostrukturanalytik an infiltrierten Kariesläsionen

Karies zählt zu den häufigsten chronischen Zahnkrankheiten. Initiale Karies ist durch einen zunächst lokal begrenzten Mineralmangel des Zahnschmelzes charakterisiert. Diese Demineralisation kann durch Remineralisierungsmaßnahmen behandelt werden.

Schreitet die Demineralisation jedoch fort, bricht die Struktur des Zahnschmelzes zusammen und ein Griff zum Bohrer wird notwendig. Eine mikroinvasive, technische Alternative, entwickelt und vorangetrieben durch die Dental-Material-Gesellschaft mbH (DMG Hamburg), ist die Kariesinfiltration mit ICON. Dabei wird die so genannte pseudointakte Oberfläche mittels Ätzen entfernt, bevor das niedrigviskose Polymer ICON appliziert wird. Dieses füllt die Porositäten und wird in der Läsion ausgehärtet. So wird eine mechanische Stabilisierung der Schmelzstruktur erreicht und eine weitere Demineralisation verhindert. Obwohl eine Reihe klinischer und in vitro-Studien den Behandlungserfolg bestätigen, bestehen noch Fragen zur Lebensdauer, Zuverlässigkeit und zum grundlegenden mikrostrukturbasierten Verständnis der Infiltration.

 

Vorgehensweise und Ergebnisse

 

In einem Kooperationsprojekt zwischen der DMG, dem Fraunhofer IMWS sowie der Faculty of Dentistry der Universität Otago, Neuseeland, als klinischem Partner wurden Läsionen an Milchzähnen mit ICON behandelt und nach Exfoliation materialwissenschaftlich analysiert. Erstmalig liegen damit Zähne mit infiltrierten Läsionen, die dem oralen Milieu über Monate ausgesetzt waren, für eine ex vivo-Studie vor. Dabei gilt es, klinische Daten mit denen der Mikrostrukturanalyse in Korrelation zu bringen und zu überprüfen, ob und in welcher Form ICON im demineralisierten Zahnhartgewebe vorhanden ist und wie bei einer intakten, das heißt die Kariesprogression verhindernden Infiltration, die Grenzflächen ausgebildet sind. Durch Mikro-Röntgen-Computertomographie (Abbildung 1, links) wird zunächst die infiltrierte Läsion lokalisiert. Am daraus generierten Probenquerschnitt wird eine höheraufgelöste rasterelektronenmikroskopische Analyse durchgeführt, das Ergebnis ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Mineral-defizitären Regionen sind durch den dunkleren Kontrast charakterisiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das ICON-Polymer einige hundert Mikrometer tief in die Läsion eingedrungen ist und dort auch während mehrerer Monate verblieben ist. Dies konnte an in vivo-infiltrierten Zähnen nachgewiesen werden.