Für eine natürliche Haftung: Fraunhofer-Forscher entwickeln Klebstoffsystem aus Biomaterialien
Werkstoffe aus zwei oder mehreren verbundenen Materialien nennt man Verbundwerkstoffe, in denen die einzelnen Materialkomponenten mit Klebesystemen verbunden werden. Bisher kommen dafür Kleber auf Erdölbasis zum Einsatz.
Auch Naturmaterialien wie Holz oder Kork werden derzeit unter Verwendung von erdölbasierten Klebstoffsystemen verbunden. Zum Schutz der natürlichen Werkstoffe gegenüber mikrobiellem Befall oder Brandlasten werden ebenfalls naturfremde Chemikalien eingesetzt. Diese vermindern das ökologische Potenzial und somit die Absatzchancen von beispielsweise Holz- und Korkprodukten.
Im Projekt »Biozide und brandhemmende Ertüchtigung von biogenen Klebstoffsystemen mit naturbasierten Füll- und Funktionsstoffen – BEKs«, das vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2019 läuft, erfolgt eine nachhaltige Entwicklung eines biogenen Klebstoffsystems auf Grundlage naturbasierter Epoxidharzmatrizes und effektiver Quervernetzer.
In enger Zusammenarbeit des Fraunhofer-Zentrums für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP Leuna sowie des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS Halle (Saale) wird ein Anforderungskatalog entwickelt, um eine optimale Klebstoffrezeptur aus Biomaterialien herzustellen. Dazu müssen Untersuchungen zum Materialverhalten durchgeführt werden. »Mit der Entwicklung von Produkten aus innovativen, nachhaltigen Klebstoffsystemen soll ein möglichst breiter Markt erschlossen werden, da die effektive Nutzung von natürlichen Ressourcen sich zu einem wichtigen Kaufkriterium am Endverbrauchermarkt entwickelt«, sagt Nicole Eversmann, Projektleiterin am Fraunhofer IWMS.
Ausgangsbasis ist ein Klebstoffsystem aus Tall- und Leinölepoxiden zum Verkleben oder Binden von Naturstoffen wie Holz, Rinde und mineralischen Füllstoffen. Das Zusammenspiel von Epoxid (Harz), Dicarbonsäuren und Anhydriden (Härtemischung) soll untersucht und optimiert sowie auf Klebstoffsysteme angewandt werden. Projektziel ist die Bereitstellung von biogenen Klebstoff-Formulierungen, die durch die Zugabe von Additiven (Zusatzstoffe), die ebenfalls auf biogener Basis beruhen, antimikrobielle und flammhemmende Eigenschaften haben. Die biogenen Additive – bevorzugt gesundheitlich unbedenkliche Substanzen – sollen im höchsten Maß oberflächenwirksam und möglichst emissionsfrei an den Klebstoff gebunden sein.
Welche naturbasierten Additive in Pflanzenölepoxiden als Schutz vor Bakterien, Algen und Pilzen eingesetzt werden können, wird im Rahmen des Projektes ausführlich getestet. Diese bioziden Funktionsstoffe können Bestandteile von natürlichen Ölen, Holz und Rinde oder Extrakte aus Fruchtkernen und Blüten sein. Außerdem werden bei den bioziden Naturstoffen chemische Bindungsstellen erzeugt, so dass sie zumindest teilweise ein festes Netzwerk mit Tall- und Leinölepoxiden bilden.
Weiterhin wird eine brandhemmende Wirkung angestrebt, die ebenfalls durch biogene Füllstoffe erreicht werden soll. Die geklebten Verbindungsstellen in den Verbundwerkstoffen können unter anderem im Fall von Schichtlaminaten Brandbarrieren darstellen.
Durch den Einsatz von Klebesystemen auf Basis nachwachsender Rohstoffe entsteht eine neue Produktklasse, für die – durch die Kombination mit Messungen auf Bauteilebene – ein für das jeweilige Anwendungsszenario optimal designtes Werkstoffsystem eingestellt werden kann. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse können in weitere Produktentwicklungen einfließen und in den Markt überführt werden.