Röntgen-Computertomographie als zerstörungsfreie Mikrostrukturanalyse für Wasserstoff-Hochdrucktanks

Tank H2 Leichtbau
© Hexagon
Hochdruckbehälter (300 bar) für Wasserstoffspeicherung und -transport.
H2 Wasserstoff Tank Druck
© Hexagon
Schnittmodell eines Wasserstoff-Druckbehälters aus faserverstärktem Kunststoff mit nichttragendem Kunststoffliner.

Grüner Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle für die Energiewende, denn er kann das verbindende Element zwischen den Sektoren Strom, Mobilität und Industrie bilden. Damit sich diese Potenziale entfalten können, sind effiziente Verfahren zur Speicherung und zum Transport von Grünem Wasserstoff notwendig. Die Speicherung von Wasserstoff in Hochdrucktanks ist eine der gängigen Methoden zur Lagerung. Wasserstoff ist ein äußerst leichtes Element und hat eine sehr geringe Dichte, weshalb es in komprimierter Form gespeichert werden muss, um ausreichende Mengen zu transportieren oder für den späteren Gebrauch bereitzustellen.

 

Aufbau eines Hochdrucktanks für den Wasserstoff-Transport

Hochdrucktanks für Wasserstoff werden in der Regel aus speziellen Materialien hergestellt, die extremen Drücken standhalten können. Ein häufig verwendetes Material ist der Kohlenstofffaserverbundwerkstoff (CFK). Ein moderner Druckbehälter besteht aus einem innenliegenden, thermoplastischen Kunststoff-Liner, der die Gasdichtheit gewährleistet. Hinzu kommen metallische Lasteinleitungselemente (Bossteile) an den Enden des Behälters zur Aufnahme der Ventile für die Betankung und Entnahme des Gases. Hochfeste Carbonfasern in einer duroplastischen Kunststoffmatrix (CFK) werden im Wickelverfahren aufgebracht. Aktuelle Transportbehälter sind für Betriebsdrücke von 300 bis 700 bar konzipiert.

Projektkonsortium entwickelt Hochdruck-Wasserstoffbehälter für Betriebsdrücke von bis zu 1000 bar

Das »H2-HD« Projektkonsortium, das dem Wasserstoffnetzwerk »Hypos« (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany e.V.) angehört, hat einen Hochdruck-Wasserstoffbehälter entwickelt, der Betriebsdrücken von bis zu 1000 bar standhält. Durch entscheidende Verbesserungen am Design der tragenden CFK-Ummantelung, die auf neuen Auslegungsstrategien basieren und zerstörungsfrei erfasste Mikrostrukturmerkmale berücksichtigen, konnte eine effizientere Verwendung des kostenintensiven Fasermaterials erreicht werden.

 

Eine homogenere Mikrostruktur ermöglicht einen höheren Berstdruck

Aus Sicherheitsgründen wird der Berstdruck solcher Tanks um ein Vielfaches höher als der Betriebsdruck bemessen. Dies erfordert Wandstärken von mehreren Zentimetern, wobei das Gewicht des Behälters selbst bei Verwendung leichter und hochfester Carbonfasern das Gewicht des transportierten Wasserstoffs um das 10- bis 20-fache übersteigt. Um den Materialeinsatz zu minimieren, müssen die Zugspannungen, die durch den Innendruck entstehen, optimal über alle Verstärkungsfasern verteilt werden. Numerische Auslegungswerkzeuge berechnen die Belastungen im Material für vorgegebene Behälterformen bereits sehr genau, was die Ableitung geeigneter Ablagewinkel und Lagenabfolgen ermöglicht, um den angestrebten Berstdruck mit minimalem Materialeinsatz zu erreichen.

Beim Wickeln der Behälter werden die Faserstränge gemäß diesem Ablagemuster kontinuierlich auf dem zylindrischen Innenbehälter (Liner) abgelegt, was viele dünne Schichten mit wechselnder Faserorientierung erzeugt. Allerdings ist die Faserwickeltechnologie aufgrund technischer Randbedingungen nicht in der Lage, die vorausberechneten Ablagemuster homogen und vollständig fehlerfrei auf das zylindrische Bauteil mit den Domkappen an beiden Enden zu übertragen. Dies führt zwangsläufig zu Überschneidungen der Faserstränge und zur Bildung von Kreuzungspunkten, die Unebenheiten in den Wickellagen verursachen. Mit jeder hinzugefügten dünnen Schicht summieren sich diese Effekte. Bei größerer Wanddicke des Behälters sind die Abweichungen vom idealisierten Berechnungsmodell auffälliger. Toleranzen im Wickelwinkel, Welligkeiten einzelner Faserbündel (Ondulationen), Lufteinschlüsse (Poren) und mikroskopisch kleine Schrumpfungsrisse sind nicht vollständig vermeidbar und können die tatsächliche Festigkeit und zyklische Belastbarkeit eines Druckbehälters beeinträchtigen.

Ein entscheidender Schritt hin zu einer effizienteren Nutzung des kostspieligen CFK-Materials besteht darin, die mikroskopisch kleinen Abweichungen von der Idealstruktur signifikant zu reduzieren. Im Projekt konnte dies am Fraunhofer IMWS durch einen mehrstufigen Designprozess erreicht werden, bei dem mikrostrukturelle Imperfektionen am gefertigten Behälter zunächst mit hoher Detailauflösung detektiert, kategorisiert und quantifiziert werden.

Teilstück der kohlenstofffaserverstärkten Behälterwand in einem RayScan-200E-CT.
© Fraunhofer IMWS
CT-Scan über die Wanddicke eines Versuchsbehälters (Ausschnitt 10 x 10 x 26 mm3).

Die Analyse der Mikrostruktur mittels Röntgen-CT

Der Informationsgehalt von Mikrostruktur-CT-Scans ist enorm, zur sachgerechten Bewertung sind computergestützte Bildanalyseverfahren erforderlich. Durch neu entwickelte Auswerteroutinen konnte die Grauwertverteilung in dem umfangreichen 3D-Datensatz eines CT-Scans mathematisch interpretiert und in werkstoffmechanisch relevante mikrostrukturelle Objekte (z.B. Schlauchporen) übersetzt sowie deren Vorkommen mithilfe statistischer Kenngrößen ausgedrückt werden.

Am Fraunhofer IMWS wurden hierfür Abschnitte aus CFK-Versuchsbehältern in der CT-Anlage gescannt. Luftblasen unterschiedlicher Form, Größe und Ausrichtung innerhalb der lasttragenden CFK-Wicklungen werden dadurch sichtbar gemacht. Mikroporen erzeugen aufgrund des Dichteunterschieds zum CFK einen hohen Kontrast im Röntgenbild und sind daher gut erkennbar. Auf diese Weise zeichnen sich übergeordnete Muster und Netzwerke von Mikroporen ab, die erst in dieser zusammenhängenden Form tatsächlich eine festigkeitsrelevante Wirkung entfalten. Jede einzelne Mikropore würde für sich selbst betrachtet keine Gefahr darstellen. Insofern sind standardmäßig in der Prüfsoftware erzeugbare Einzelobjektstatistiken wenig aussagekräftig und können nicht für eine Behälteroptimierung herangezogen werden.

Aus der räumlichen Darstellung können jedoch Rückschlüsse auf die Entstehung der flächenhaften Porennetzwerke gezogen werden. Eine geringfügige Designänderung bringt bereits eine große Wirkung, die Porennetzwerke können vermieden werden, indem die Lagenabfolge geändert wird. Interessant ist, dass nicht auf bestimmte Faserorientierungen verzichtet wird, sondern lediglich die Reihenfolge der Schichten optimiert werden muss. Die Gesamtbilanz der vorab im numerischen Berechnungstool ermittelten Faseranteile bleibt davon unberührt.

 

Mikrostrukturgestützter Designprozess für optimale Ergebnisse

Ein mikrostrukturgestützter Designprozess bietet die Möglichkeit, hochbelastete und sicherheitsrelevante Faserverbund-Drucktanks weiter zu verbessern und ihr Leichtbaupotenzial optimal zu nutzen. Die praktische Anwendung dieses Verfahrens hat bereits gezeigt, dass in Kombination mit mikrostrukturbasierten Simulationsmethoden verbesserte Designrichtlinien die Realisierung von gewichtsoptimierten Druckbehältern mit Materialeinsparungen von bis zu zehn Prozent ermöglichen.

Die Arbeiten wurden im Rahmen des Innovationsprojektes Hypos durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Im Gemeinschaftsvorhaben FKZ 03ZZ0743 arbeiteten die vier Projektpartner  Hexagon Purus GmbH, RayScan Technologies GmbH, Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle an der  Entwicklung von sicheren und leichten Hochdrucktanks, in denen Wasserstoff bei einem Betriebsdruck bis 1000 bar gespeichert und transportiert werden kann.