Leicht, stabil, nachhaltig – das sind die Anforderungen an neue Konstruktionsmaterialien. Sehr hohes Potenzial dafür haben unidirektionale faserverstärkte Kunststoffe, UD-Tapes. Sie eignen sich besonders als Verstärkungsmaterialien für hochbeanspruchte Bauteile und können in lasttragenden Bereichen eingebracht werden. Somit kann weniger beanspruchtes Bauteilvolumen mit kostengünstigeren, kurzfaserverstärkten Materialien aufgefüllt werden, um Gewicht und Kosten einzusparen.
Im Projekt »Hochleistungsimprägnierung von nachhaltigen Verstärkungsfasern – BioComp« erarbeiten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS sowie des Fraunhofer-Pilotanalagenzentrums für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ daran, den Einsatz nachwachsender Rohstoffe für thermoplastische Verbundwerkstoffe zu optimieren. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Verbesserung der Imprägnierverfahren.
Die Imprägnierung mit Kunststoff-Matrix ist notwendig, damit die Fasern Festigkeit und Stabilität erhalten, um eine sichere Kraftübertragung zu gewährleisten. Erkenntnisse aus der Direktimprägnierung von Endlosfasern mittels Schmelze, aber auch Erkenntnisse aus der Folien- und Pulverimprägnierung an konventionellen Verbundwerkstoffen sollen im Projekt auf die biobasierten Materialien übertragen werden.
Ziele sind die Entwicklung von lang- und endlosverstärkten, biobasierten Composite in Richtung High-performance-Halbzeugqualitäten sowie zugehörige Qualitätskontrollen direkt im Herstellungsprozess, sodass eine hocheffiziente Verarbeitung sowie die Reduzierung der Ausschussquote möglich werden.
Für eine Verbesserung der Halbzeugqualität bei der Herstellung und der damit einhergehenden mechanischen Eigenschaften von nachhaltigen Halbzeugen werden in dem bis zum 30. September 2019 laufenden Projekt zum einen die verfahrenstechnischen Parameter zur Verarbeitung von biogenen Materialien und zum anderen eine Inline-Prozesskontrolle, welche Aussagen über die Materialqualität bereits während des Prozesses geben kann, evaluiert.
»Die Verbindung von verfahrenstechnischen Fragestellungen und einer Inline-Qualitätskontrolle stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Industrie-4.0-Fähigkeit der Technologie dar«, sagt Stefanie Meyer, Projektleiterin am Fraunhofer IMWS.
Zur Herstellung von thermoplastischen, biobasierten UD-Systemen kommen vor allem die Pulverimprägnierung und die Folienimprägnierung der Fasern zum Einsatz. Nachteilig ist bei diesen Arten im Moment noch die geringe Imprägniergeschwindigkeit. Die Hauptursache liegt im statischen Druck im Imprägnierspalt, sodass die scherverdünnenden Effekte (abnehmende Viskosität des thermoplastischen Matrixwerkstoffes) bei Thermoplastschmelzen nicht ausgenutzt werden können, da sich Fasern und Kunststoff in gleicher Geschwindigkeit bewegen. Die damit einhergehenden relativ hohen thermischen Belastungen führen zu Faserschädigungen und Degradationserscheinungen – also dem Verlust von Materialeigenschaften – im Polymer. Zudem ist die Verwendung von Pulver und Folie zur Faserimprägnierung teurer. Die Schmelzdirektimprägnierung stellt vor diesem Hintergrund insbesondere für industrielle Anwendungen im größeren Maßstab eine wirtschaftlich effiziente Möglichkeit dar.
Im Teilprojekt A entwickeln Wissenschaftler des Fraunhofer PAZ ein Verfahren zur Direktimprägnierung von nachhaltigen Fasern, sodass eine Bearbeitung biobasierter Fasern und Kunststoffe ermöglicht wird. Um bereits während des Fertigungsprozesses Fehler zu erkennen, bedarf es einer integrierten Qualitätssicherung unter Einbeziehung zuverlässiger störungsfreier Prüfmethoden. Im Teilprojekt B (Fraunhofer IMWS) werden diese Prüfverfahren mittels Thermographie, Ultraschall und Röntgen-CT dahingehend untersucht, ob sie sich auf biobasierte, faserverstärkte, thermoplastische Materialsysteme anwenden und in den Materialfertigungsprozess integrieren lassen.
»Es ist notwendig, auftretende Fehler schon während der Produktion zu erkennen. Dafür bedarf es einer prozessintegrierten Qualitätssicherung durch störungsfreie Prüfmethoden. Nur durch solche Prüfsysteme können Qualitätsregelkreise in der Produktion geschlossen und damit eine leistungsfähige und wirtschaftliche Serienproduktion erreicht werden«, fasst Stefanie Meyer das Projekt zusammen.