


Polymerhartschaumstoffe weisen hohe gewichtsspezifische Steifigkeiten und Festigkeiten auf und eigenen sich damit als Kernmaterial für hochbelastbare Sandwichstrukturen. In Verbindung mit hochsteifen und –festen Deckschichten, beispielsweise aus faserverstärkten Kunststoffen, lassen sich biegesteife Strukturen vor allem für flächige, beulgefährdete Bauteile im Fahrzeugund Anlagenbau in Leichtbauweise realisieren. Damit sich dieim Vergleich zu anderen Kernmaterialien kostengünstigen Polymerhartschäume weiter durchsetzen können, ist eine detaillierte Kenntnis ihres werkstoffmechanischen Verhaltens erforderlich. Da das Verformungs- und Versagensverhalten von geschlossenzelligen Polymerhartschäumen nicht nur von dem konstituierenden Basismaterial, sondern in erheblichem Maße auch von der zellularen Struktur bestimmt wird, ist diese zwingend in die Werkstoffcharakterisierung einzubeziehen. Dies gelingt mithilfe der Mikro-Röntgen-Computertomographie.
In situ-Röntgen-Computertomographie
Insbesondere bei Werkstoffen mit einer ausgeprägten inneren Mesostruktur, wie zum Beispiel Faserverbundwerkstoffen und Schäumen, besteht starkes Interesse an der Aufklärung der Struktur-Eigenschafts Korrelation, welche die Beeinflussung des makroskopischen Verhaltens des entsprechenden Werkstoffes durch seine innere mesoskopische Struktur beschreibt. Diese Werkstoffe werden in der Regel auch auf die Anwendung bezogen maßgeschneidert und optimiert, indem die mesoskopische Struktur den äußeren Belastungen bestmöglich angepasst wird. Zur detaillierten Aufklärung der´Struktur-Eigenschafts-Beziehungen werden am Fraunhofer IWM in situ-Röntgen-Computertomographie-Experimente durchgeführt. Dafür werden entsprechende Werkstoffproben mithilfe von zum Teil selbst entwickelten Verformungsapparaturen (Abbildungen links) belastet und unter gehaltener Last in einer Röntgen-Computertomographie-Anlage analysiert. Aus den 3D-Bilddatensätzen der deformierten inneren Struktur können Erkenntnisse zum Verformungs- und Versagensverhalten des Werkstoffes abgleitet werden.
Geschlossenzellige Polymerhartschäume unter mechanischer Belastung
Charakteristisch für Polymerhartschäume, wie den hier analysierten Polymethacrylimid-Schaum, ist ein unterschiedliches Verhalten unter Zug- und Druckbelastung. Während sich im Druckversuch dem anfänglichen linear elastischen Ber eich des Spannungs-Dehnungs-Diagramms ein Spannungsplateau und damit ein ausgeprägtes plastisches Verhalten anschließt, versagt das Material unter Zuglast dagegen sehr spr öde. Dieses von der Art der Belastung abhängige, unterschiedliche makroskopische Verhalten ist, wie die Aufnahmen aus in situ-Röntgen-Computertomographie-Untersuchungen zeigen, im Wesentlichen auf die Zellstruktur des Schaums zurückzuführen. Anhand von Schnittbildern aus über die Belastungssequenz aufgenommenen 3D-Bilddatensätzen (Abbildung oben) der Zellstruktur können die relevanten Versagensmechanismen vom initialen Zellwandbeulen bis zum Kollaps kompletter Zellebenen identifiziert werden. Die während der in situ-Versuche aufgezeichneten Kraft-Weg-Kurven ermöglichen es, die beobachteten Mechanismen mit dem makroskopischen Verhalten zu korrelieren.
Festigkeitsvorhersage durch mechanismenbasierte FE-Simulation
Zur weiterführenden Analyse der Struktur-Eigenschafts- Korrelation werden skalenübergreifende numerische Analysen des Deformations- und Versagensverhaltens der Zellstruktur durchgeführt. Dazu werden mithilfe der Methode der Finiten- Elemente Modelle der Zellstruktur erstellt, die die experimentell beobachteten Mechanismen adäquat abbilden. Anhand von Parameterstudien werden im Sinne eines Virtual Material Testings die ursächlichen Zusammenhänge zwischen der Zellstruktur und den makroskopischen Materialkennwerten, wie Steifigkeiten und Festigkeiten, ermittelt (Abbildung unten). Daraus lassen sich wesentliche Erkenntnisse zur bedarfsgerechten Optimierung von Polymerhartschäumen ableiten.