Rot, Grün, Blau – LEDs und Leuchtdioden können Licht in jeweils nur einer Farbe erzeugen. Für den häufigsten Einsatzfall sind sie somit nicht per se geeignet: Um weißes Licht zu erhalten, kommen verschiedene Methoden der Farbmischung zum Einsatz. Dazu kombiniert man beispielsweise Licht im roten und grünen Farbspektrum mit dem Licht einer blauen Diode. Die Verbesserung der entsprechenden Leuchtstoffe bietet viel Potenzial, LED-Beleuchtungsmittel noch effizienter zu machen. Bei der Synthetisierung eines neuartigen roten Leuchtstoffs mit hervorragenden Lumineszenz-Eigenschaften hat das Fraunhofer IMWS die Charakterisierung des neuen Materials durch Messungen mittels STEM, EDX und ToF-SIMS unterstützt.
Der neue Leuchtstoff Sr[Li2Al2O2N2]:Eu2+ wurde von der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit der Firma OSRAM Opto Semiconductors entwickelt und zum Patent angemeldet, das Fraunhofer IMWS hat dabei in der Charakterisierung der Materialien unterstützt. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit wurden zudem im Beitrag »Sr[Li2Al2O2N2]:Eu2+ - A high performance red phosphor to brighten the future« in der Fachzeitschrift »Nature Communications« veröffentlicht.
Der neu entwickelte Leuchtstoff basiert auf mit Europium dotierten Nitriden, die fluoreszieren. Er emittiert im Vergleich zu bisher verfügbaren Leuchtstoffen weniger Licht im für das menschliche Auge unsichtbaren Infrarotbereich und hat stattdessen höhere Blau-Anteile. Mit derselben eingesetzten Energie wird also ein höherer Anteil sichtbaren Lichts erzeugt – die Energieverluste sinken und die Lichtausbeute steigt um bis zu einem Sechstel.
Für die Optimierung des Syntheseprozesses bei der Herstellung des Leuchtstoffs, den die Erfinder SALON genannt haben, wurde unter anderem ein Einkristall hergestellt, um die Struktur des neuen Materials bestimmen zu können. Die Kristallstruktur ist dabei entscheidend für die geringere Wellenlänge des emittierten Lichts sowie die weiteren erwünschten Eigenschaften des Leuchtstoffs, zu denen auch eine hohe thermische Stabilität sowie sehr gute Farbwiedergabe gehören. Umso wichtiger waren im Verlauf der Entwicklung hochauflösende Methoden der Materialdiagnostik, um den Leuchtstoff charakterisieren und weiter optimieren zu können.
Das Einkristall wurde anhand Röntgenbeugungsdaten untersucht, um die genauen Positionen von Sr, Li und Al innerhalb des würfelartigen Kristallgitters ermitteln zu können. Das hergeleitete Modell, einschließlich der angenommenen Positionen von Stickstoff- und Sauerstoffatomen innerhalb des Materials, wurde mittels Berechnungen bestätigt. Um die Zusammensetzung von SALON noch genauer zu prüfen, wurde am Fraunhofer IMWS eine Elementanalyse des neuartigen Leuchtstoffs durchgeführt. Dafür wurde Rastertransmissionselektronenmikroskopie (Scanning transmission electron microscopy, STEM) mit energiedispersiver Röntgenspektrometrie (Energy-dispersive X-ray spectrometry, EDX) kombiniert. Ganz wesentlich für die Durchführbarkeit dieser Analyse war die geeignete Probenpräparation, um das Material bis auf unter 100 nm abzudünnen und damit elektronentransparent zu gestalten. Hierzu wurde die fokussierte Ionenstrahltechnik (FIB) angewendet.
Durch EDX-Spektroskopie ließ sich unmittelbar ermitteln, dass die untersuchte Probe reich an Stickstoff, Aluminium und Strontium ist und auch Sauerstoff enthält. Eine Quantifizierung der EDX-Spektren der Phosphorpartikel ergab ein Elementverhältnis von Sr:Al:O:N, das ungefähr 1:1,8:2,1:1,7 beträgt. Anhand der Röntgenbeugungsdaten wäre ein Verhältnis von 1:2:2:2 für das Kristall zu erwarten gewesen, im Rahmen der Messgenauigkeit konnte die Zusammensetzung also als bestätigt angesehen werden.
Da die EDX-Analyse den Nachweis von Lithium, einem sehr leichten Element mit geringem Wirkungsquerschnitt zur Anregung von Röntgenquanten, nicht erlaubt, wurde ein weiteres Verfahren hinzugezogen, das am Fraunhofer IMWS zur Verfügung steht: die Flugzeit-Sekundärionen-Massenspektroskopie (Time-of-Flight Secondary Ion Mass Spectrometry, ToF-SIMS) – eine der wenigen Mikrostrukturanalysetechniken, die den Nachweis von Lithium zweifelsfrei ermöglicht. Lithium konnte somit eindeutig und mit einer homogenen Verteilung innerhalb der Phosphorpartikel nachgewiesen werden. Die Erstellung von Tiefenprofilen lieferte – durch Abgleich mit einer Referenzprobe – auch quantitative Informationen über die Zusammensetzung. Es zeigte sich, dass die Intensität des Li+-Signals in SALON um den Faktor 2,4 höher als die der Sr[LiAl3N4]-Referenz war, also unter Berücksichtigung von Matrixeffekten nahe 2. Durch Kombination der EDX- und ToF-SIMS-Ergebnisse wurde somit die einzig mögliche Zusammensetzung von SALON als Sr[Li2Al2O2N2] bestimmt, was die Ergebnisse der Einkristall-Röntgenbeugung bestätigte.