Das Gemeinschaftsprojekt »digitalTPC« läuft seit Februar 2019 am Fraunhofer IMWS. Was sind die Ziele?
Im Verbundprojekt »Der digitale Zwilling für den Thermoplast-Composite-Leichtbau«, kurz »digitalTPC«, entwickeln wir gemeinsam mit drei weiteren Fraunhofer-Instituten einen digitalen Zwilling für thermoplastische Komposite. Das ist für uns ein spannendes und neues Umfeld, nicht unbedingt naturwissenschaftlich oder ingenieurwissenschaftlich geprägt, sondern von Daten, IT und KI getrieben. Mit dem Ansatz der digitalen Abbildung einer kompletten Wertschöpfungskette mit Blick auf Material und Materialveränderungen nähern wir uns einer ganz neuen Interpretation des Begriffs »digitaler Zwilling«.
Was ist das Besondere bei Ihrer Bearbeitung des Projekts?
Bei der Herstellung von thermoplastischen Kompositen bzw. Halbzeugen stellt die komplexe und heterogene Mikrostruktur des Verbundwerkstoffs an sich sowie seine Beeinflussung während des Fertigungsprozesses eine große Herausforderung dar, vor allem für die Prozesskontrolle und die Qualitätssicherung. Hierbei ist die durchgängige Digitalisierung des kompletten Produktionsprozesses unumgänglich. Aktuell werden in der industriellen Produktion digitale Zwillinge nur bei einzelnen Maschinen eingesetzt, wobei bereits Effizienzsteigerungen durch zielgenaue Maschinenwartung und verbesserte Produktionskontrolle zu verzeichnen sind. Dabei findet die Betrachtung jedoch noch nicht als gesamtheitlicher Prozess statt, das heißt von der Verarbeitung der Ausgangsmaterialien bis hin zur vollständigen Fertigung von Halbzeugen. Hier setzt unser Projekt an. Mit unserem Ansatz wird die komplette Wertschöpfungskette digital und in der realen Welt abgebildet, so dass Fehler oder Schwachstellen sofort identifiziert werden. Damit wollen wir bei Anwendungsfeldern von Künstlicher Intelligenz ganz vorne unseren Platz »at the edge of technology« finden.
Das Fraunhofer IMWS forscht im Verbund mit weiteren Fraunhofer-Instituten. Wer sind die Projektpartner?
Wir forschen mit drei weiteren Fraunhofer-Instituten, wobei die Gesamtkoordination beim Fraunhofer IMWS liegt. Hier, genauer gesagt am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau, steht uns für die Tape-Halbzeugherstellung im industiellen Maßstab die Fertigungsanlagentechnik zur Verfügung sowie die Werkzeuge für Demonstratorstrukturen. Das Fraunhofer ICT unterstützt ebenfalls mit Fertigungsanlagen sowie Werkzeugen für Tapelege-, Konsolidierungs- und Spritzgießtechnologie. Relevante Material-, Prozess- und Bauteilmerkmale (z.B. Faserorientierung, Porengehalt, Halbzeugdicke) sollen am Fraunhofer IZFP durchgängig über die gesamte reale Wertschöpfungskette vermessen und erfasst werden. Anschließend befasst sich das Fraunhofer SCAI mit der Analyse der gemessenen Sensordaten, der Verknüpfung mit einer durchgängigen Simulationskette über alle Prozessstufen sowie der Rückkopplung an Prozesse und Maschinen. Durch die Förderung der Fraunhofer-Vorlaufforschung werden wir zudem von einem Industriekonsortium unterstützt. Die Beraterinnen und Berater stehen hochmotiviert für die Zusammenarbeit zur Verfügung.
Der Projektzeitraum von »digitalTPC« beträgt drei Jahre. Können Sie etwas über den aktuellen Stand sagen?
Nach ersten Besprechungen zu Beginn mit unseren Partnern arbeiten wir uns aktuell in ein komplett neues Umfeld ein. Hierfür setzen wir uns mit, unserem eher naturwissenschaftlich bzw. ingenieurwissenschaftlich geprägten Verständnis, den Fragestellungen zum thermoplastbasierten Leichtbau auseinander, was sich nach den ersten Ergebnissen als spannende und aufregende Aufgabe herausstellt.