Innovative Biotinten für den 3D-Biodruck
Mit der Biodrucktechnologie wird das Ziel verfolgt, biologische oder biologisch funktionelle Gewebe im Labor herzustellen. Mittels 3D-Biodrucker wird Biotinte Schicht für Schicht zu einem komplexen dreidimensionalen Objekt gedruckt. Derartige biobasierte 3D-Strukturen sollen zukünftig zum Beispiel als in-vitro-Testsysteme in der pharmazeutischen Forschung und auch in der personalisierten Medizin bei der Herstellung von maßgeschneiderten Gefäß- und Organbestandteilen zum Einsatz kommen. Um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen, entwickeln Forschende des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS neue Biotinten, die für verschiedene Anwendungszwecke geeignet sind.
Biotinten müssen eine Vielzahl von Anforderungen erfüllen: Sie müssen druckbar, mechanisch stabil und biologisch verträglich sein, dürfen keine toxischen Bestandteile enthalten und müssen sich in ihrer Beschaffenheit zu einem Hydrogel vernetzen lassen, um damit ein Gerüst für die Zellbesiedelung darzustellen, das ähnlich der natürlichen Matrix im Bindegewebe ist. Je nach Anwendungsbereich kommen verschiedene Biotinten zum Einsatz. Diese unterscheiden sich einerseits im verwendeten Polymer und andererseits auch darin, ob Zellen direkt mitgedruckt oder im Nachhinein in bzw. auf der gedruckten 3D-Struktur angesiedelt werden. Die aktuell auf dem Markt verfügbaren Biotinten basieren meist auf Kollagen, Gelatine und Alginat, weitere Biopolymere sind in der Entwicklung.
Hier setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IMWS an und forschen aktuell an neuartigen Biotinten auf Basis von Proteinen mit dem Fokus auf Elastin. Neben der eigentlichen Tintenentwicklung werden die mechanischen, physiko-chemischen und biologischen Eigenschaften der gedruckten Objekte bewertet und die Zellkompatibilität untersucht.
Tobias Hedtke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IMWS, erklärt das Ziel des Forschungsteams wie folgt: »Perspektivisch wollen wir funktionale Gefäß- und Organteile unter Verwendung optimierter Biotinten nachbilden können. Dazu könnten beispielsweise computertomographische Daten von Patienten genutzt werden, um passgenaue 3D-Strukturen von Gefäßen zu drucken und dem Patienten zu implantieren. Wir haben unser erstes Forschungsprojekt zu neuen Biotinten sehr erfolgreich abgeschlossen und ein Patent zur Verwendung elastinbasierter Biotinten eingereicht. Weitere Forschungsprojekte sind in Planung.«
Ein weiteres Anwendungsgebiet, bei dem der 3D-Biodruck neue Möglichkeiten eröffnen kann, ist die personalisierte Medizin. Zukünftig könnte die Herstellung von maßgeschneiderten Gefäß- und Organbestandteilen sowie Endoprothesen für die kardiovaskuläre Anwendung passgenau möglich sein. Zudem werden miniaturisierte Organmodellsysteme möglich, sogenannte Organ-on-a-chip-Modelle, die die Interaktion verschiedener Organe simulieren. Derartige Modelle können zum Beispiel die Medikamentenentwicklung wesentlich erleichtern und beschleunigen und stellen aufgrund der hohen Reproduzierbarkeit und Standardisierbarkeit der Versuche auch eine sehr nachhaltige Alternative für Tierversuche dar.
Derzeit sind die Forschenden auf der Suche nach Kooperationspartnern aus der Industrie und dem klinischen Bereich, um die anwendungsnahe Weiterentwicklung der Tinten in Bezug auf die Anforderungen und Anwendbarkeit voranzutreiben.