Neue Methoden für die Materialanalyse: Fraunhofer-Kompetenz-Zentrum in Halle wird ausgebaut
Ein detailliertes Verständnis des Materialverhaltens bis auf die atomare Ebene ist elementar, um die Sicherheit, Verfügbarkeit und Lebensdauer von Bauteilen steigern zu können. Am Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS bestehen dazu künftig noch bessere Möglichkeiten: Für 9 Millionen Euro wird in Halle (Saale) das Fraunhofer-Kompetenz-Zentrum für angewandte Elektronenmikroskopie und Mikrostrukturdiagnostik (Fraunhofer CAM) erweitert. Thomas Wünsch, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, übergab heute den Förderbescheid. Baubeginn ist im Februar 2017.
In den neuen Räumen, die in Labors, Büros, Seminar- und Besprechungsräumen eine Gesamtfläche von 770 m2 bieten werden, schauen die Fraunhofer-Forscher bis ins Innerste der Werkstoffe: Wie entstehen Defekte? Wie laufen Alterungsprozesse ab? Wie reagiert das Material unter bestimmten Herstellungs- oder Einsatzbedingungen? Leistungsfähige mikro- und nanostrukturelle Analyseverfahren liefern die Antworten darauf und sorgen dafür, Materialien und Bauteile leistungsfähiger und effizienter sowie im Einsatz sicher und zuverlässig zu machen – ein zentrales Thema beispielsweise für die Elektronik im Automobil auf dem Weg zum autonomen Fahren.
»Ich freue mich sehr, dass wir den Standort in Halle mit dieser Förderung, die zu 50 Prozent aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) stammt, stärken können. Denn das Fraunhofer IMWS ist nicht nur ein geschätzter Partner für die regionale Wirtschaft, sondern ein Impulsgeber für Innovationen in vielen wichtigen Branchen des Landes«, sagt Thomas Wünsch, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt, der den Förderbescheid übergab.
»Mit der Erweiterung des Fraunhofer CAM bauen wir unsere internationale Spitzenposition im Bereich der Mikrostrukturdiagnostik aus. Die neuen Geräte ermöglichen noch genauere Einblicke in die Werkstoffe, zudem können völlig neue Material- und Defektanalyse-Techniken entwickelt werden. So werden wir unseren Kunden aus Sachsen-Anhalt und darüber hinaus einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen, vor allem durch eine hohe Qualität und Zuverlässigkeit und damit verbesserte Marktposition von Hightech-Produkten«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS.
In Forschungskooperationen mit führenden Industrieunternehmen sollen die in Halle entwickelten neuen Diagnostikmethoden und -geräte beispielsweise die Elektronik-Entwicklung für neue Assistenz-, Kommunikations- und Steuersysteme der Automobiltechnik unterstützen. »Enorme technologische Innovationsraten unserer Partner aus der Elektronikindustrie für die Mobilität der Zukunft müssen kompatibel sein mit höchsten Qualitäts- und Zuverlässigkeitsanforderungen der Automobilindustrie. Der Bedarf nach neuen, leistungsfähigeren und schnelleren Materialanalytik-Verfahren, mit denen potenzielle Schwachstellen und Defekte rechtzeitig erkannt und vermieden werden können, wächst deshalb schnell und motiviert einen großen Teil unserer Arbeit«, erläutert Prof. Matthias Petzold, Leiter des Fraunhofer CAM, das zum Fraunhofer IMWS gehört.
Die neuen Analysemethoden finden aber auch Anwendung für die Leistungselektronik für Elektromobilität und regenerative Energietechnik, in der zunehmend digitalisierten Industrietechnik, für Halbleiter-LEDs für intelligente, energiesparende Beleuchtung oder bei der Entwicklung neuer nanostrukturierter Materialien, zum Beispiel für optische Anwendungen oder für den Gesundheitsbereich. Das erweiterte Fraunhofer CAM wird dabei auch als Schnittstelle zwischen potenziellen Industrieanwendern im Bereich der Mikrostrukturdiagnostik, Nanoanalytik und Materialcharakterisierung sowie den zugehörigen Geräteherstellern fungieren.
Ein Schwerpunkt der Arbeiten wird auf neuen Verfahren und Konzepten der Elektronenmikroskopie liegen, die genauere und schnellere Untersuchungen von Nanostrukturen und Oberflächen ermöglichen sollen – eine traditionelle Kernkompetenz am Wissenschaftsstandort Weinberg-Campus in Halle. Dazu gehören auch innovative Techniken für die schnelle Präparation von Proben, etwa für die 3D-Analyse der Mikrostruktur von Werkstoffen. Auch zerstörungsfreie Analyseverfahren mittels Ultraschall und Röntgen oder der Spurennachweis in Oberflächen sollen weiter entwickelt werden. Neben der Entwicklung steht auch die Erforschung neuer Applikationsmöglichkeiten für die in Halle erforschten Diagnostiktechnologien bis hin zu deren späterer Überführung in den Markt im Blickpunkt.