
Reifenabrieb beeinträchtigt nicht nur Lebensdauer und Performance, sondern belastet auch die Umwelt, weil Kautschukpartikel als Mikroplastik in Böden und Gewässer gelangen können. In der ab Ende 2026 geltenden Euro-7-Norm werden deshalb erstmals Grenzwerte für Neureifen gesetzt. Welche Herausforderungen das für die Kautschukindustrie mit sich bringt und welche Lösungen die Forschung bieten kann, diskutierten Fachleute bei einem gemeinsamen Workshop der Regionalgruppe Ost der Deutschen Kautschuk-Gesellschaft (DKG) und des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS.
»Die Branche hat die Reduzierung von Abrieb und Verschleiß von Kautschukcompounds dauerhaft im Blick und hat auch sehr früh ein Bewusstsein für die möglichen Folgen der Mikroplastik-Belastung entwickelt. Durch neue regulatorische Maßnahmen wird die Suche nach innovativen Lösungen noch forciert. Für den Austausch dazu hat der Workshop eine wertvolle Plattform geboten«, sagt Dr. Sybill Ilisch, vormalige Leiterin der DKG-Regionalgruppe Ost. Gemeinsam mit Prof. Dr. Mario Beiner, wissenschaftlicher Leiter des Geschäftsfelds »Polymeranwendungen« am Fraunhofer IMWS, begrüßte sie die Gäste aus Industrie und Wissenschaft zum zweitägigen Workshop in Schkopau.
Schwerpunkte des Programms waren neue Ansätze zu abriebreduzierten Werkstoffen, Möglichkeiten zur Quantifizierung des Abriebs (Sensorik und Messmethoden) und Studien zu abriebbedingten Emissionen unter Realbedingungen. So wurden beispielsweise erste Ergebnisse des Projekts »KI-RAM« vorgestellt, in dem künstliche Intelligenz eingesetzt wird, um über Inlinemessungen des Abriebs die Emissionen von verkehrsbedingten Mikropartikeln zu reduzieren. Das Fraunhofer IMWS ist einer der beteiligten Forschungspartner. In einer Session zu abriebarmen Materialien wurden die Vorteile eines biomimetischen Synthesekautschuks vorgestellt, an dessen Entwicklung das Fraunhofer-Team ebenfalls beteiligt war.
Neben Impulsen aus der Forschung wurden im Workshop auch die Blickwinkel von Fachverbänden und Politik berücksichtigt, etwa im Hinblick auf die anstehende Einführung der Euro-7-Norm. Zum Abschluss des Treffens besuchten die Gäste das Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau. Dort stehen im Kautschuk-Mischsaal mit Innenmischern, Walzwerken, Vulkanisierpresse, Kautschukextrudern und Knetern sowie umfangreichen Methoden zur prozessbegleitenden Charakterisierung erstklassige Möglichkeiten zur Optimierung von Kautschuk-Compounds zur Verfügung. »Der sehr erfolgreiche Workshop hat gezeigt, wie groß der Bedarf an umweltfreundlicheren und langlebigeren Reifenmaterialien ist, ebenso wie an einer Verbesserung der Messmethoden zur genauen Erfassung von Reifenabrieb und dessen Auswirkungen. Hier können wir der Industrie kompetente Unterstützung anbieten«, sagt Beiner.
(01.04.2025)