Der Einsatz von Brennstoffzellen bietet für Nutzfahrzeuge große Potenziale zum CO2-neutralen Antrieb. Für die eingesetzten Brennstoffzellen bedeutet dieses Nutzungsszenario allerdings enorme Beanspruchungen. Vier Fraunhofer-Institute wollen deshalb neue Methoden entwickeln, um die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Brennstoffzellen-Stapeln zu ermitteln und bei der Entwicklung spezifischer Anwendungen für Nutzfahrzeuge zu unterstützen. Das Fraunhofer IMWS als assoziierter Partner steuert seine Kompetenzen im Bereich der zerstörungsfreien Prüfung bei.
Die Mobilitätswende ist auch im Bereich der Nutzfahrzeuge in vollem Gange. Insbesondere für schwere Nutzfahrzeuge ist dabei die Elektromobilität mit reinem Batterieantrieb nicht immer die geeignete Lösung. Der Antrieb mit elektrischer Energie aus Wasserstoff-Brennstoffzellen kann hier eine attraktive Alternative darstellen. Nutzfahrzeuge tanken bei dieser Variante Wasserstoff, der dann von der Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird, der den Motor antreibt.
Um die benötigte Leistung zur Verfügung stellen zu können, werden dabei mehrere Brennstoffzellen in einem Stapel zusammengefasst. Bei mobilen Anwendungen sind diese Stapel hohen Belastungen ausgesetzt. Hierzu zählen hochkomplexe, multiphysikalische (mechanische, thermische und elektrische) sowie chemische Beanspruchungen. Hinzu kommen beim Einsatz in Nutzfahrzeugen noch die besonderen Anforderungen an die Lebens- und Betriebsdauer: Moderne Lkws legen in ihrem Lebenszyklus bis zu zwei Millionen Kilometer zurück. Im Jahr 2014 betrug ihre durchschnittliche Laufleistung 23.891 Kilometer - 76 Prozent mehr als bei Pkws.
Wie sich diese besonderen Belastungen, etwa durch Schwingungen und Schadstoffe, auf das Verhalten der Brennstoffzellen-Stapel auswirken, ist noch weitgehend unbekannt. Im Projekt »Bewertung und Gestaltung der Systemzuverlässigkeit von Brennstoffzellen-Stapeln bei multiphysikalisch-chemischer Beanspruchung in Nutzfahrzeugen – multiPEM« werden deshalb neue Verfahren für Analyse, Bewertung und Tests entwickelt, um die benötigte Zuverlässigkeit, Sicherheit und Lebensdauer zu ermöglichen und eine kosten- und zeiteffiziente Entwicklung von Brennstoffzellen-Stapeln für Nutzfahrzeuge zu unterstützen.
Das Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt betrachtet erstmals die Auswirkungen der verschiedenen Beanspruchungen auf Stapel-Ebene, die sich erheblich von den Beanspruchungen auf Ebene der eingesetzten Materialien oder einzelnen Zellen unterscheidet. Daraus leiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler passende Methoden ab, um beispielsweise kritische Fehler zu erkennen, Alterungs- und Verschleißprozesse zu verstehen sowie die eingesetzten Materialien und Komponenten innerhalb eines Stapels charakterisieren zu können.
Das Fraunhofer IMWS bringt insbesondere seine Expertise zur zerstörungsfreien Zustandsbewertung ein, unter anderem mittels innovativer Magnetfeldmessungen. »Außerdem werden wir die festgestellten Veränderungen durch unsere Defektdiagnostik verifizieren, wobei wir auf ein breites Spektrum an Methoden zur Untersuchung der Mikrostruktur zurückgreifen können«, sagt Kerstin Witte-Bodnar, die das Projekt am Fraunhofer IMWS betreut. »Von den neuen Prüfverfahren, die wir als Konsortium entwickeln möchten, können die Hersteller und Entwickler von Brennstoffzellen, Brennstoffzellen-Modulen und Brennstoffzell-Systemen ebenso profitieren wie Entwickler und Systemausrüster für Teststände. Damit tragen wir dazu bei, Grüne Mobilität leistungsfähig und sicher zu machen.«