Rund 80 Teilnehmende aus Wirtschaft und Fraunhofer-Welt tauschten sich am 20. September bei der Fachtagung »Entwicklung trifft Serie« am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ in Schkopau aus. Eingeladen hatten ENGEL und das Fraunhofer IMWS als starke Partner aus Industrie und Forschung, um Erfahrungen zu Leichtbau-Lösungen mit thermoplastischen Faserverbundbauteilen auszutauschen und zukunftsweisende Lösungen zu diskutieren.
»Themen wie die Nachhaltigkeit bei thermoplastischen Verbundbauteilen, innovative Verarbeitungstechnologien für Faserverbundwerkstoffe sowie thermoplastische Tape- und Sandwichsysteme beschäftigen die Branche derzeit enorm. Das wird sowohl durch regulatorische Vorgaben als auch durch die vielfältigen eigenen Bemühungen vieler Hersteller zum Klimaschutz getrieben. Unsere gemeinsame Tagung hat diese Fragen adressiert, und die große Resonanz hat bewiesen, dass wir den Nerv der Industrie getroffen haben«, sagt Prof. Dr. Maik Feldmann, Leiter des Geschäftsfelds Polymeranwendungen am Fraunhofer IMWS und gemeinsam mit Claus Wilde (ENGEL Deutschland GmbH) Gastgeber der Veranstaltung.
Feldmann eröffnete mit dem Keynote-Vortrag »Vom Material bis zum Bauteil – Thermoplastischer Leichtbau am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum« die Tagung. Paul Zwicklhuber (ENGEL Austria GmbH) stellte in einer weiteren Keynote das Thema »Nachhaltig und leicht – Spritzgussbauteile mit Endlosfaserverstärkung« vor. Die folgenden Fachvorträge nahmen Themen wie thermoplastische Tape- und Sandwichsysteme, biobasierte Werkstoffe oder innovative Verarbeitungstechnologien und Simulationsmethoden in den Blick. Zudem hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, bei einer Tour durch das Verarbeitungs-Technikum am Fraunhofer PAZ die umfangreiche Ausstattung der Forschungseinrichtung im Bereich der Kunststoffverarbeitung kennenzulernen.
Erstmals zu sehen war dabei der vom Fraunhofer IMWS gemeinsam der Firma Automation Steeg & Hoffmeyer GmbH entwickelte F³-Compositor. Die Anlage vereint bei der Produktion von thermoplastischen UD-Tapes das dreidimensionale, lastpfadgerechte Tape-Ablegen und Fügen der Halbzeuge mit hoher Reproduzierbarkeit und Materialeffizienz durch eine konstante Legegeschwindigkeit. So werden große Gestaltungsfreiheiten insbesondere für Leichtbaukomponenten möglich, die in geringer Stückzahl gefertigt werden. Der F³-Compositor bietet Legegeschwindigkeiten von bis zu 2 m/s und kann Tape-Breiten von 3mm bis 12 mm verarbeiten.
Wie die Schmelzedirektimprägnierung von UD-Tapes aus PA6 und Kohlenstofffasern funktioniert, wurde im Rahmen des Rundgangs an der UD500-Anlage des Fraunhofer PAZ demonstriert. Hier sind Tapebreiten von 50mm bis 500mm möglich, kombiniert mit Thermographie- und Laser-Inline-Messtechnik zur Überwachung der Halbzeugqualität.
Vorgestellt wurden im Rahmen der gemeinsamen Tagung auch zwei Anlagen von ENGEL, die am Fraunhofer PAZ zur Verfügung stehen. ENGEL DUO 900 setzt auf das Organomelt-Verfahren zur automatisierten Verarbeitung von thermoplastischen Faserverbundkunststoffen im Hybridspritzguss und ist damit ideal geeignet für die Verarbeitung von nachhaltigen Spritzguss-Compounds aus Biopolymeren und Naturfasern. Wie Spritzguss-Bauteile mit Organoblech-Einlegern auf der ENGEL V-DUO 700 gefertigt werden, konnten die Teilnehmenden ebenfalls mitverfolgen. Zudem wurde hier die vom Fraunhofer IMWS entwickelte Thermoplast-Molding-Technologie (TSM) anhand von Versuchsstrukturen und Demonstratorbauteilen vorgestellt. Die Anlage bietet sehr flexible Möglichkeiten zur großserientauglichen und automatisierten Verarbeitung von wirtschaftlich hergestellten Organosandwich-Halbzeugen mit Wabenkern und Tape-Decklagen für flächige Bauteile mit höchsten gewichtsbezogenen mechanischen Eigenschaften.
»Wir sind ein wertvoller Partner beim Scale-Up und können unsere Expertise auch gezielt für Unternehmen einbringen, die ihre Rohstoffbasis und Verarbeitungstechnologien stärker in Richtung Nachhaltigkeit ausrichten wollen«, sagt Feldmann. Die erfolgreiche Tagung habe gezeigt, wie wichtig der Austausch der Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette und ein gegenseitiges Verständnis sind, vom Maschinenbauer über Kunststoffhersteller bis hin zu den Anwendern von Bauteilen.