Strom aus Windkraft- und Solaranlagen soll im Projekt HYPOS in Wasserstoff umgewandelt werden. Der ist einerseits speicherbar, andererseits ein gefragter Rohstoff für die chemische Industrie. Mit diesem Ziel haben sich im HYPOS-Konsortium mehr als 100 Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammengeschlossen, darunter das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle. Ein neues Teilprojekt startet nun in Thüringen: Grüner Strom wird im Klärwerk Sonneberg-Heubisch genutzt, um mittels Elektrolyse speicherbaren Wasserstoff zu gewinnen und Sauerstoff zu erzeugen, der zur Reinigung des Abwassers benötigt wird.
»Grüner Wasserstoff kann dazu beitragen, die Erzeugungsspitzen aufzufangen, die bei viel Wind und Sonne anfallen. Statt mit überschüssiger erneuerbarer Energie die Stromnetze zu belasten, verwandeln wir sie in eine wertvolle Ressource, die sich einerseits speichern und andererseits stofflich nutzen lässt«, sagt Dr. Joachim Löffler, Geschäftsführer des Maschinenbauunternehmens Kumatec und Koordinator des Teilprojekts. »Der dezentrale Ansatz ist dabei ebenso wichtig wie die enge Zusammenarbeit von kleineren und mittleren Unternehmen mit Partnern aus der Wissenschaft wie dem Fraunhofer CSP. Denn das eröffnet neue Marktchancen.«
Das physikalische Grundprinzip dahinter ist die Elektrolyse: Mit dem Strom aus Wind- oder Sonnenenergie wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Das HYPOS-Konsortium, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms »Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation« gefördert wird, will mit dem großtechnischen Einsatz dieses Verfahrens die Energiewende unterstützen und die chemische Industrie mit nachhaltig erzeugten Rohstoffen versorgen. Bis zum Jahr 2020 werden mehrere Einzelvorhaben umgesetzt.
Auch im Klärwerk Sonneberg-Heubisch entstehen mittels Elektrolyse Sauerstoff und Wasserstoff. Der Sauerstoff wird direkt ins Klärbecken geleitet, wo er in der biologischen Reinigungsstufe im Belebungsbecken dazu beiträgt, das Abwasser zu reinigen. Vorteil für die Wasserwerke Sonneberg, die das Klärwerk betreiben: Sie müssen keine Gebläse mehr einsetzen, um wie bisher Sauerstoff aus der Umgebungsluft ins Klärbecken zu leiten. Stattdessen fällt im Elektrolyseur hochreiner Sauerstoff an, der bereits unter Druck steht und ohne weitere Energiezufuhr den Weg ins Becken findet. Den Hochdruck-Elektrolyseur als Kernkomponente der Anlage hat das Südthüringer Unternehmen Kumatec entwickelt. Das Gerät wird durch eine Niederspannungs-/Hochstromversorgung der Firma ISLE Steuerungstechnik und Leistungselektronik aus Ilmenau mit Elektrizität versorgt.
Der Wasserstoff als zweites Produkt der Elektrolyse wird einerseits an einer Tankstelle für Brennstoffzellenautos zur Verfügung stehen, die von der nordhessischen Firma SERA Compress, einem weiteren LocalHy-Partner, auf dem Gelände der Kläranlage installiert wird. Andererseits kann er rückverstromt werden. Dazu wird der Projektpartner WTZ Roßlau einen 50 kW-Gasmotor entwickeln, der mit Wasserstoff betrieben werden kann. Die Bauhaus-Universität Weimar analysiert und bewertet als weiterer Partner die mit dem Projekt verbundenen Möglichkeiten zur Betriebsoptimierung sowie zur Elektrizitäts- und Ressourceneinsparung und wertet dazu die Versuche mit reinem Sauerstoff im Testbelebungsbecken aus.
»Das Projekt in Heubisch verkörpert perfekt die Idee von HYPOS, denn es deckt die gesamte Kette von der Erzeugung über Umwandlung und Speicherung bis zur Verwertung ab«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, kommissarischer Leiter des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP in Halle. »Wir wollen damit zeigen, was Elektrolyse für die Grüne Chemie oder zur Speicherung erneuerbarer Energien direkt vor Ort leisten kann – und zwar so, dass es sich rechnet.«
Das Fraunhofer CSP ist bei LocalHy für das Prozessleitsystem zuständig: Die Forscher rechnen aus den Daten des Testzeitraums das Verhalten für den Dauerbetrieb einer solchen Anlage hoch und bewerten dabei auch die Wirtschaftlichkeit. Zudem simulieren sie anhand von Daten aus verschiedenen Photovoltaikanlagen in der Umgebung die Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Energien, denn eine eigene Photovoltaik-Anlage ist am Klärwerk noch nicht verfügbar. Deshalb wird für das Projekt zunächst Grünstrom aus anderen Quellen bezogen.