Die geeignete Materialauswahl beeinflusst entscheidend die Zuverlässigkeit von Elektronikkomponenten mit Kunststoffgehäuse. Mikrostrukturelle Defekte im Kunststoff können in erheblichem Maße die Materialeigenschaften ändern und zu Ausfällen der gesamten Elektronik führen.
Das Fraunhofer IMWS untersucht gemeinsam mit Industriepartnern die Schädigungsmechanismen an Kunststoffen der Mikro- und Leistungselektronik. Das Vorhaben wird dabei durch das European Center for Power Electronics GmbH (ECPE) und die Investitionsbank Sachsen-Anhalt finanziell gefördert. Neueste Ergebnisse zeigen, dass die Mikrostruktur der Kunststoffe eine entscheidende Rolle für das makroskopische Materialverhalten der Gehäuse spielt.
Kleine Hohlräume in der Polymermatrix und eine schlechte Anbindung zwischen Füllstoff, zum Beispiel Glasfaser, und der Polymermatrix ermöglichen das Eindringen und die Anreicherung von Wasser im Kunststoff. Infolgedessen kann es bei anliegender Spannung in den Gehäusematerialien zur Ionenwanderung kommen. Das Ergebnis ist eine erhöhte Ionenleitfähigkeit und eine Reduzierung der elektrischen Durchschlagfestigkeit. Damit wirkt sich das thermophysikalische und elektrische Versagensverhalten der Kunststoffe direkt auf die Zuverlässigkeit der einzelnen Elektronikkomponenten aus, die in Kontakt zu den Gehäuse- und Vergussmaterialien stehen. Für zukünftige Materialentwicklungen und zur Absicherung der Zuverlässigkeit von elektronischen Baugruppen mit Kunststoffgehäuse ist die Aufklärung von Mikrostruktur-Eigenschafts-Beziehungen unabdingbar.
Der Fokus sollte dabei auf der Materialdiagnostik entlang der Prozesskette vom gefüllten Granulat über die Konditionierung der Polymere bis zur Verarbeitung zu formstabilen Musterbauteilen und Prototypen liegen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Analyse der Zuverlässigkeit von polymergehausten, elektronischen Bauteilen unter realen Einsatzbedingungen und die Entwicklung von beschleunigten Prüfverfahren. Aus diesem Grund entwickelte das Fraunhofer IMWS in Kooperation mit der Universität Kassel und der 3P GmbH eine innovative Prüfkörpergeometrie für Durchschlagstests an Kunststoffen der Leistungselektronik. Damit können zukünftig Bewertungs-, Modellierungs- und Diagnostikverfahren entwickelt werden, die eine qualitätsgerechte Fertigung von innovativen thermoplastischen Gehäusematerialien sicherstellen. Auch die Zuverlässigkeit der Materialien für den Einsatz im Automobil- und Leistungselektronikbereich kann so gewährleistet werden.