Kollagenfaser-Beschichtungen von Implantatkunststoffen verbessern Biokompatibilität
Bei der Fertigung von Implantaten in der Wirbelsäulenchirurgie, Traumatologie und Orthopädie kommt der Hochleistungskunststoff Polyetheretherketon (PEEK) zum Einsatz. Aufgrund der Oberflächeneigenschaften von PEEK kann es während des Einwachsens des Implantates in das umliegende Gewebe jedoch zu Problemen kommen. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS und der Spin-Plant GmbH ist es nun gelungen, die Oberfläche von PEEK-Implantaten mit Hilfe von Kollagen-Nanofasern so zu funktionalisieren, dass die Biokompatibilität beim Einwachsen in das Gewebe stark verbessert wird.
Das Material, aus dem Implantate gefertigt werden, muss belastbar, flexibel und für das menschliche Gewebe biokompatibel sein. Metalle wie Titan oder Kobalt-Chrom waren lange die Favoriten. Seit den späten 1990er Jahren ist Polyetheretherketon (PEEK) als Hochleistungskunststoff im Einsatz. Es wird für Knochenersatzimplantate in der Wirbelsäulenchirurgie und orthopädischen Chirurgie, als Zahnersatz für Zahnimplantate und Zahnprothesen sowie in der Herzchirurgie verwendet. PEEK-Implantate haben gegenüber Implantaten aus einer Metalllegierung nicht nur bessere mechanische Eigenschaften, die denen des menschlichen Knochens nahekommen, sie sind außerdem röntgenologisch und MRT-kompatibel. Nachteilig bei der Verwendung des PEEK-Werkstoffes ist jedoch die inerte Oberflächeneigenschaft, wodurch die Implantatintegration in das umgebende Gewebe erschwert oder gar verhindert wird.
Für dieses Problem hat das Fraunhofer IMWS in Zusammenarbeit mit der SpinPlant GmbH im drei Jahre dauernden Projekt »SpinCoat« eine Lösung zur Oberflächenmodifikation von PEEK erforscht, wodurch die osteokonduktiven und bioresorbierbaren Wechselwirkungen des menschlichen Gewebes und der Implantatoberfläche verbessert wurden. »Der materialwissenschaftliche Forschungsschwerpunkt lag darin, eine stabile, fest anhaftende, biokompatible Vlies-Faserbeschichtung aus elektrogesponnenen Proteinnanofasern auf einer inerten PEEK-Oberfläche zu ermöglichen. Wir haben es geschafft, den Aufbau der extrazellulären Matrix des menschlichen Binde- und Knochengewebes nachzuempfinden und als Faserbeschichtung auf den Implantatoberflächen zu fixieren wodurch diese ein attraktives Substrat für das Zellwachstum darstellt, was wiederum die Implantatintegration begünstigt«, sagt Dr. Andrea Friedmann, Projektleiterin am Fraunhofer IMWS.
Im Projekt wurden verschiedene Funktionalisierungsstrategien genutzt, wobei physikalische, strukturelle und biologische Veränderungen an der Implantatoberfläche untersucht wurden, um Biokompatibilität nachzuweisen. Bei der Herstellung der elektrogesponnenen Kollagenvliese ermittelte das Forscherteam für die Verspinnung ein optimales Mischungsverhältnis von Kollagen und Lösungsmittel, wobei beim Prozess des Verspinnens von Kollagen zu Nanofasern die native Struktur des Kollagens erhalten blieb. Für das Auftragen der elektrogesponnenen Protein-Nanofasern auf das PEEK-Material kam ein klassischer Elektrospinning-Aufbau zum Einsatz, der speziell für den Prozess der Polyetheretherketon-Beschichtung adaptiert wurde.
Durch das Austesten und Einarbeiten von Zusätzen ohne pharmazeutische Wirkung und Nanopartikeln konnte das Projektteam die Beschaffenheit der Kollagenvliese verbessern. Während des Einarbeitens der Partikel kam nanokristallines Hydroxylapatit zum Einsatz, das für ein gleichbleibendes Viskositäts- und Konduktivitätsverhalten sorgt. Da die Nanofasern eine hohe Löslichkeit und geringe mechanische Festigkeit aufweisen, wurden sie quervernetzt, wobei die Biopolymere miteinander verbunden wurden, ohne die empfindliche Nanostruktur zu zerstören. Die mikrostrukturellen Untersuchungen führten die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IMWS mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) und Mikro-Computertomographie (µCT) durch.
Die im Projekt im Rahmen des Leistungs- und Transferzentrums »Chemie- und Biosystemtechnik« entwickelte Technologie zur Funktionalisierung der inerten PEEK-Oberfläche mittels elektrogesponnener Proteinnanofasern dient als Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen von biokompatiblen Vliesbeschichtungen für PEEK-Materialien. Zudem ist die Einreichung eines Patentes in Bezug auf die Verfahrensweise in Vorbereitung.