Interview mit Ralph Gottschalg

»Regionalisierung ist ein wichtiger nächster Schritt der Energiewende«

Was wird Ihnen im Hinblick auf das Fraunhofer CSP aus dem Jahr 2024 in besonderer Erinnerung bleiben?

Trotz der herausfordernden Situation für die Solarindustrie ist es uns gelungen, einen Solarcluster Ostdeutschland (SPOT-ON) ins Leben zu rufen, der gezielt die Belange der hiesigen Unternehmen in den Blick nimmt und so ihre Zukunftsfähigkeit unterstützen soll. Eine stärkere Regionalisierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist in vielerlei Hinsicht ein wichtiger Schritt. Ich freue mich, dass wir für diesen Ansatz viel Rückendeckung aus der Branche und auch Unterstützung aus der Politik bekommen haben. Auf Projektebene ragt für mich das von uns entwickelte »Biomodul« heraus – ein Photovoltaik-Modul, in dem wir fast vollständig auf die Nutzung nachhaltiger Materialien gesetzt haben und so zeigen konnten, wie sich der CO2-Fußabdruck auch in der Produktion von PV-Modulen reduzieren lässt. Persönlich habe ich den Austausch mit Ulrike Jahn (Leiterin des IEA-PVPS Task 13) sehr genossen. Sie gibt dem gesamten Team als neue Kollegin mit außergewöhnlicher Erfahrung viele wertvolle Impulse.

Welche Auftraggeber adressieren Sie und welche Möglichkeiten bietet das Fraunhofer CSP zur Zusammenarbeit an?

Unser zentrales Thema ist die Qualitätssicherung für moderne PV-Lösungen: Wir begleiten den rasanten technologischen Fortschritt mit den notwendigen Anstrengungen für Prüfstandards und Testverfahren, vor allem mit Blick auf die eingesetzten Werkstoffe. Besondere, mittlerweile weltweit anerkannte Expertise können wir beispielsweise bei der Bewertung der Zuverlässigkeit von Polymermaterialien in PV-Anwendungen bieten. Immer wichtiger werden auch Fragestellungen rund um den Schutz geistigen Eigentums. Hier können wir unsere Kompetenzen im Mikrostrukturdesign einbringen, und natürlich profitieren wir auch von unserer erstklassigen Ausstattung zur Materialcharakterisierung.

In der EU hat die Erzeugung von Strom aus Photovoltaik und Windkraft 2024 erstmals die von fossilen Kraftwerken übertroffen. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Dieser Meilenstein belegt, dass erneuerbare Energien zunehmend wettbewerbsfähig und verlässlich sind. Der Trend zeigt auch, dass grüne Investitionen und der Ausbau der Infrastruktur für Erfolge sorgen, und zwar sowohl technologisch und wirtschaftlich als auch beim Blick auf die Versorgungssicherheit Deutschlands und das Erreichen der Klimaziele. Was hier in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, ist enorm – auch wenn die Energiewende in politischen Debatten derzeit gerne als Fehlschlag dargestellt wird. Der eingeschlagene Weg muss aber konsequent weiterverfolgt werden, das braucht politischen Willen. Nur so lassen sich ein langfristig stabiler Markt sichern, die Herausforderungen bei der Netzstabilität meistern und die nötigen Lösungen für die Energiespeicherung umsetzen.

Worauf freuen Sie sich im neuen Jahr und was wird 2025 eine besondere Herausforderung?

Ich freue mich darauf, den Solarcluster SPOT-ON weiterbringen und damit unser Know-how für die Kunden direkt in der Region nutzbar machen zu können. Eine Herausforderung, auch für uns als Fraunhofer CSP, bleibt die Situation des produzierenden Gewerbes in der Solarbranche.