»Best Session Paper« und »Outstanding Interactive Presentation Paper« gehen nach Halle
Bessere Möglichkeiten zum Betrieb von Leistungselektronik-Bauteilen bei besonders hohen Temperaturen und ein neues Verfahren zur zerstörungsfreien Prüfung von deren Verbindungsschichten: Für diese Erkenntnisse wurden Fachleute des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS auf der Electronic Components Technology Conference (ECTC) in Las Vegas ausgezeichnet. Zwei der vier Forschungspreise der weltweit führenden Fachkonferenz für Aufbau- und Verbindungstechniken in der Elektronik gingen damit nach Halle (Saale).
Die Electronic Components Technology Conference (ECTC), die in diesem Jahr vom 28.-31. Mai in Las Vegas stattfand, stellt als Kombination aus Fachkonferenz und Industriemesse die weltweit wichtigsten Trends in der Aufbau- und Verbindungstechnik elektronischer Bauelemente vor. Führende Fachleute und Hersteller präsentierten den mehr als 1500 internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmern neue Forschungsergebnisse und Produktentwicklungen. Zudem wurden nachträglich die besten Forschungsarbeiten der Vorjahrestagung in San Diego in vier Kategorien ausgezeichnet.
Zwei Preise gingen dabei ans Fraunhofer IMWS nach Halle: Bianca Böttge, Falk Naumann, Sandy Klengel und Matthias Petzold verfassten gemeinsam mit weiteren Autoren einen Beitrag zur Materialcharakterisierung fortschrittlicher zementbasierter Vergusssysteme für effiziente Leistungselektronik mit erhöhter Leistungsdichte, der jetzt als »Best Session Paper« der Tagung 2018 prämiert wurde. Die Auszeichnung für das »Outstanding Interactive Presentation Paper« ging an Sebastian Brand, Bianca Böttge, Michael Kögel, Falk Naumann, Frank Altmann und weitere Autoren für ihre Arbeiten zur zerstörungsfreien Beurteilung der Porosität in Silber-Sinterverbindungen mittels Schallwellen.
»Dass bei der unbestritten weltweit führenden Tagungen zur Aufbau- und Verbindungstechnik elektronischer Bauelemente gleich zwei der vier Auszeichnungen nach Halle gehen, ist ein enormer Erfolg und eine hohe Anerkennung unserer Kompetenz im Bereich der Materialcharakterisierung für die Mikroelektronik. Ich sehe das als Beleg dafür, dass wir seit vielen Jahren wissenschaftliche Exzellenz mit den aktuellen Anforderungen der Industrie in einem Hightech-Feld erfolgreich vereinen«, sagt Prof. Matthias Petzold, stellvertretender Leiter des Fraunhofer IMWS.
Im Beitrag von Bianca Böttge und ihrem Team werden neue Phosphatzement- und Calciumaluminat-Zementwerkstoffsysteme vorgestellt. Diese verfügen über verbesserte thermische, mechanische und thermomechanische Eigenschaften für die Einkapselung von leistungselektronischen Geräten und Modulen. Durch Einsatz dieser Werkstoffe können Leistungselektroniksysteme bei höheren Temperaturen betrieben werden. In ihrer Studie haben die Autorinnen und Autoren unter anderem die neuartigen Verkapselungsmaterialien mittels hochauflösender Mikrostrukturanalyse charakterisiert und einen Modellierungsansatz zur Materialdesign-Optimierung entwickelt.
Die Arbeit von Sebastian Brand und seinen Kollegen nimmt neue Verbindungshalbleiter auf Basis von Galliumnitrid (GaN) oder Siliziumcarbid (SiC) in den Blick. Diese sind wegen ihrer überlegenen Leistung in Bezug auf Bandbreite und Leistungsverluste vor allem für Anwendungen im Hochleistungssegment sehr interessant. Allerdings erfordern die erhöhten Leistungsdichten ein spezielles thermisches Konzept im Packaging, weshalb zur Optimierung der Wärmeleitfähigkeit häufig auf Silbersintern statt auf Löttechniken gesetzt wird. Die Autorinnen und Autoren haben die akustische Rastermikroskopie genutzt, um die Porositäten solcher Sinterschichten im mikro- und makroskopischen Maßstab auch zerstörungsfrei untersuchen zu können. Daraus lassen sich wichtige Rückschlüsse auf das thermische und mechanische Verhalten der Sinterschichten ziehen, die entscheidend für die Zuverlässigkeit der entsprechenden Bauteile sind.
Das Fraunhofer-Center für Angewandte Mikrostrukturdiagnostik CAM, das zum Fraunhofer IMWS gehört, hat auch in diesem Jahr die Gelegenheit genutzt, sich bei der ECTC mit den weltweit führenden Firmen und Instituten der Branche auszutauschen und neue Forschungsergebnisse zu präsentieren. So stellte ein Team des Instituts gemeinsam mit Partnern der Nippon Micrometal Corporation aus Japan ein neues, korrosionsbeständiges Gold-Palladium-beschichtetes Kupferdrahtmaterial vor, das deutliche Vorteile bei der Zuverlässigkeit verspricht. Sandy Klengel, die als Projektleiterin die Studie präsentierte, leitete zudem eine Session zur Zuverlässigkeit von Elektronikbauteilen für Automotive-Anwendungen bei extremen Betriebsbedingungen. Matthias Petzold war verantwortlich für den »Professional Development Courses« der Konferenz zur Bedeutung robuster Elektronik für Automobil-Anwendungen, insbesondere beim Autonomen Fahren.
»Das zeigt, wie gefragt unsere Expertise auch im weltweiten Maßstab ist. Wenn wir die Anforderungen durch autonomes Fahren, Industrie 4.0 oder Leistungselektronik-Lösungen für die Energiewende betrachten, wird die Bedeutung dieser Kompetenzen in Materialdiagnostik und Materialdesign sicher noch wachsen. Denn nur, wenn wir Robustheit und Zuverlässigkeit bis auf die kleinste Ebene sicherstellen, werden diese Technologien die nötige Akzeptanz finden und unsere Auftraggeber deren Potenziale ausschöpfen können«, sagt Petzold.