Jede Analyse ist nur so gut wie die Qualität der Probe. Das gilt auch für Mikrostrukturanalysen von Werkstoffen. Gemeinsam mit der 3D-Micromac AG haben wir am Fraunhofer IMWS die Anlage microPREP™ entwickelt: Mit hochmoderner Lasertechnik lassen sich ultradünne Materialproben schnell und präzise für die elektronenmikroskopische Untersuchung präparieren.
Sorgfältig fixiert Dr. Thomas Höche die Probe eines Halbleiters in der Halterung des microPREP™-Geräts, klappt den Deckel zu und startet das Programm. Während im Innern des Geräts ein Laserstrahl die Probe bearbeitet, beantwortet Höche bei einer der wichtigsten internationalen Tagungen für Elektronenmikroskopie, der Microscopy Conference in Göttingen, die Fragen der Interessenten. Höche, Entwicklungsleiter von microPREP™ am Fraunhofer IMWS, betont besonders die Präzision und Reproduzierbarkeit des Verfahrens. Nur 15 Minuten, nachdem er den Prozess gestartet hat, präsentiert er die fertig präparierte Probe. Die Experten, in ihren Unternehmen für Materialentwicklung und Qualitätskontrolle zuständig, sind beeindruckt. Mit herkömmlichen Methoden bräuchten sie für diesen Arbeitsschritt bis zu einem Tag.
Höche leitet am IMWS die Gruppe Nanomaterialien und Nanoanalytik, er ist außerplanmäßiger Professor für Experimentalphysik an der Universität Leipzig. Der Experimentalphysiker kam 2010 mit Industrieerfahrung nach Halle. Und kehrte damit zugleich zu seinen Wurzeln zurück. Wenn er aus dem Fenster seines Büros schaut, blickt er auf das Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. »Dort drüben habe ich 1991 meine Diplomarbeit geschrieben«, erzählt er. Damals war dort das Institut für Festkörperphysik und Elektronenmikroskopie der Akademie der Wissenschaften der DDR untergebracht.
Nach der Wende wurde ein Großteil des ehemaligen Akademieinstituts in ein Max-Planck-Institut überführt, zwei Arbeitsgruppen wurden dem Fraunhofer IWM in Freiburg angegliedert. Als Höche nach Stationen in Stuttgart, Jena, Berlin, Leipzig und Chemnitz wieder nach Halle zurückkehrte, hatte sich aus den beiden ehemaligen Arbeitsgruppen des Akademieinstituts eine florierende Forschungseinrichtung entwickelt, die zunächst zum Fraunhofer IWM Freiburg gehörte und seit 2016 als eigenständiges Institut – IMWS – agiert.
Wie wichtig gute Präparationsmethoden in der Mikrostrukturanalyse sind, erlebt Höche täglich. Denn eines der Standbeine des IMWS ist die elektronenmikroskopische Untersuchung verschiedenster Materialien – von Halbleiterelementen aus den Branchen Automobil und Unterhaltungselektronik bis hin zu oxidischen Funktionsmaterialien. Dazu verfügt das IMWS über mehrere Transmissionselektronenmikroskope (TEM), darunter TITAN, das einzige aberrationskorrigierte TEM bei Fraunhofer. Mit TITAN lassen sich in Materialproben die Kristallstruktur, chemische Elementverteilung und einzelne Atome sichtbar machen. Es arbeitet im
Prinzip wie ein Lichtmikroskop, nur dass statt Licht Elektronen die Probe durchdringen und abbildbare Signale zur weiteren Analyse liefern.
Damit die Probe elektronentransparent ist, darf sie nicht dicker als einige zehn Nanometer sein – eine gigantische Herausforderung für die Probenbearbeitung. Mechanisches Schleifen beschädigt die Oberfläche durch Defektbildung. Eine Bearbeitung mit fokussierten Ionenstrahlen ist zwar schonender, wegen der geringen Abtragsrate aber äußerst langwierig. Beim Einsatz von Lasern befürchtete man bislang, dass sich das Material erhitzt und seine Struktur verändert.
Die Idee, Ultrakurzpulslaser für die »athermische« Probenpräparation nutzbar zu machen, hatte Höche bereits 2010. Am IMWS führte er sie mit Dr. Michael Krause weiter. »Wir benutzen einen Pikosekundenlaser mit Pulslängen von einer Billionstel Sekunde, um die Erhitzung des Probenmaterials zu vermeiden«, erläutert Krause. Die Anlage microPREP™ entwickelten Krause und Höche zusammen mit der 3D-Micromac AG in Chemnitz – Höches ehemaligem Arbeitgeber. Im Prototyp erfolgt die Probenpräparation in zwei Schritten: Ein mechanisch zugeschnittenes Stück des Probenmaterials erhält mit dem Ultrakurzpulslaser eine definierte Form und kann gleichzeitig beschriftet werden – was Verwechslungen ausschließt und bei Kunden großen Anklang findet. Im zweiten Schritt wird an einer bestimmten Stelle der Probe eine Fläche auf unter 15 Mikrometer »abgedünnt«, dabei arbeitet der Laser parallel zur Oberfläche. Nach der Laserpräparierung mit microPREP™ wird die Probe nur noch kurz in einer Ionenbreitstrahlanlage oder einer fokussierten Ionenstrahlanlage poliert, bevor sie im TEM untersucht werden kann. Stolz sind die microPREP™-Entwickler darauf, die Probenpräparation nicht nur schneller, sondern auch preiswerter anbieten zu können.
Zurzeit erstellt Michael Krause »Rezepte« für die Präparation verschiedenster Materialien. Er arbeitet dabei mit Georg Schusser zusammen. Der Laseringenieur kam vor einem halben Jahr von 3D-Micromac ans IMWS Halle. Ihr Ziel ist es, die Bedienung von microPREP™ so einfach wie möglich zu gestalten. Dazu dient vor allem der Touchscreen, auf dem man wie auf einem Smartphone zoomen und navigieren kann. Mithilfe der eingebauten Kamera ist es sogar möglich, auf dem Display genau den Teil der Probe zu markieren, der abgetragen werden soll.
Nach der erfolgreichen Präsentation des Systems auf der Microscopy Conference in Göttingen wurde das erste Gerät mittlerweile an einen Kunden in Asien geliefert.
Projektleiter Höche möchte microPREP™ zu einer Plattformtechnologie für die Präparation unterschiedlichster Proben für verschiedene Analysemethoden entwickeln. Besonders im Blick hat er die Röntgenmikroskopie. »Für dieses Verfahren werden zylindrische Proben mit rund 50 Mikrometer Durchmesser benötigt«, erklärt der Physiker. »Wir brauchen in unserem Gerät nur die Probenhalterung zu ändern, um diese Zylinder präparieren zu können.« Die Aufmerksamkeit der Experten auf der nächsten Fachmesse ist ihm jetzt schon sicher. Denn die Röntgenmikroskopie gewinnt in der Mikrostrukturanalytik zunehmend an Bedeutung.
Text: Christine Broll